Garn

[929] Garn, 1) ein aus Flachs, Hanf, Baumwolle, Cocosnußfaser, Schafwolle, Kameel-, Kuh-, Ziegenhaaren u. dgl. gesponnener Faden (daher Leinen-, Hanf-, Baumwollen-, Cocosnußfaser-, Wollen-, Kameel- etc. G.); wird entweder ohne Weiteres zum Weben od., drei- u. mehrfach zusammengedreht (gezwirnt), zum Nähen, Stricken, Sticken etc. verwandt od. durch noch mehrfache Zusammendrehung zu Bindfaden, Stricken, Tauen etc. verarbeitet. Baumwollen- u. Wollengarn behält auch dann noch diesen Namen, wenn mehr Fäden zusammengedreht sind; wie bei dem Strickgarn. Die älteste u. einfachste Bereitungsweise ist die durch die Spindel; darauf folgte das im 16. Jahrh. im Braunschweigischen erfundene Spinnrad, u. in neuster Zeit die Spinnmaschinen, welche wieder mit Spindeln arbeiten. Den Verkauf der verschiedenen Sorten des G-s (Garnhandel), welcher namentlich seit Einführung der Spinnmaschinen von großer Bedeutung geworden ist, besorgen theils die Fabrikanten (namentlich den Verkauf des Maschinengarns); theils besondere Kaufleute (Garnhändler); oft wird von denselben auch das Bleichen u. Färben des G-s übernommen. Das gesetzlich bestimmte Maß der Fadenlänge ist der Garnhaspel, nach welchem jedes Stück Garn eine gewisse Anzahl gleichviel Fäden enthaltender Strähne haben muß. Die Feinhe des G-s wird durch die Garnnummer (die Anzahl der Strähne, welche auf 1 Pfund des resp. Landesgewichtes gehen) bezeichnet; das G. ist demnach um so seiner, je höher die Garnnummer ist. Die Länge des Fadens in einem einzelnen Strähne ist das Garnmaß, welches, die Grundlage der Garnnummer bildend, in verschiedenen Ländern ebenfalls verschieden ist. Für Baumwolle gilt beinahe durchgehends das englische Maß: 560 Fäden od. 840 Yards auf 1 Strähn, z.B. von G. Nr. 50 gehen 50 Strähne zu 560 Fäden od. zusammen 42,000 Yards auf 1 englisches Pfund. In Frankreich ist ein Strähn = 1 Kilometer u. die Gewichtseinheit 1/2 Kilogramme (1 deutsches Zollpfund) u. danach Nr. 118 englisch = Nr. 100 französisch. 1 Strähn Leinengarn in England = 300 Yards; danach entspricht Nr. 28 Leinengarn der Nr. 10 Baumwollengarn. Zur schnellen Bestimmung der Feinheit des G-s dient die Garnwage, welche bei Auflegen von 1 Stück G. durch einen Zeiger die Garnnummer anzeigt. 2) Im engern Sinne, flachsenes u. hanfenes G. 3) Ein von Hanf gesponnener Faden, ein- bis dreifach zusammengedreht, der entweder zum Nähen der Segel etc. od. zu Verfertigung des Tauwerks angewendet wird. Man unterscheidet Leikgarn, einfacher Faden vom besten Hanf, um die Leike (s.d.) an die Segel zu nähen; Nähgarn, das feinste für die Nadel des Segelmachers; Schimannsgarn, zwei- od. dreidrähtig, wird aus den Garnen alter Taue gemacht, die man zerstückt u. aufdreht; Stoßgarn, aus alten Kabeln gemacht, dient zum Bekleiden u. Ausbessern der Taue; Trensgarn, einfacher, zum Trensen (s.d.) der Taue; weißes G. heißt jedes, das nicht getheert ist, während das getheerte[929] auch schwarzes genannt wird. 4) Größeres, nicht sackartiges Netz, s.u. Fischerei; 5) (Jagdw.), so v.w. Jagdnetz; bes. die kleineren für Hühner, Lerchen, Drosseln u. dgl. Vögel; 6) zweiter Magen wiederkäuender Thiere.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 929-930.
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