Fischerei

[306] Fischerei, die Zucht u. der Fang der Fische. Der Fischfang od. das Fischen wird gewöhnlich von eigens sich diesem Geschäfte widmenden Fischern betrieben, die in manchen Gegenden eine eigene Zunft od. Brüderschaft (Fischergilde, Fischerzunft) bilden. Da sie am Meere, Seen, Flüssen oft Veranlassung zur Entstehung einer Stadt gaben, so genießen sie an manchen Orten oft noch besondere Vorrechte (Fischerrechte) u. bewohnen ein eigenes Quartier (Fischerstadt, Fischerkiets, Kiets). Fischer, die nur mit großen Netzen fischen, werden Garnmeister genannt. In anderen Gegenden ist die F. frei. Die F. theilt sich in wilde u. zahme. I. Die wilde F. findet im Meere, in Landseen, Flüssen u. Bächen Statt, u. es gehören zu ihr alle Fischarten, die Krabben, Hummern, Krebse etc. A) Auf dem Meere fischt man gewöhnlich in, mit einem Mast versehenen, 5–6 Personen fassenden Fischerbooten u. rüstet blos, wenn die F. an entfernten Orten betrieben wird u. besondere Zwecke hat (z.B. den Fang des Kabeljaus od. Härings) eigene Schiffe (Fischerschiffe) aus; vgl. Häring u. Kabeljau. Auch werden am Ufer des Meeres Pfähle u. hohe Stangen in Gestalt eines Hufeisens eingeschlagen (hohe [306] Fischzäune) u. rund um dieselben Netze befestigt u. niedergelegt, so daß bei der Fluth die Fische über dieselben in den umzäunten Raum kommen können. An den hohen Stangen sind Rollen, über welche die Netze mit Leinen in die Höhe gezogen werden, so daß die Fische nach Aufziehung der Netze nicht zurück u. bei der eingetretenen Ebbegesammelt werden können. B) Im Binnen- u. fließenden Wasser sind die bekanntesten Arten zu fischen: a) F. mit der Angel, s.u. Angel. b) Mit dem Fischhamen, einem sackförmigen Netz, das mittelst eines Bügels (daher Bügelhamen) an einer weiten hölzernen Gabel befestigt ist. Man hat große u. kleine; nach dem vielfältigen Gebrauche haben dieselben verschiedene Namen: Vorsetz-, Hand-, Zug-, Senk-, Wurf-, Kratz-, Scheren- etc. Hamen. c) Mit Fischreußen, aus zähen Weiden geflochtenen, länglichrunden, so eingerichteten Körben, daß die Fische durch die große Mündung derselben nach dem darin befindlichen Köder hinein-, aber nicht wieder herausgehen können. Sie werden entweder an einem Pfahl befestigt u. mit einer Beschwerung von Steinen unter dem Wasser gehalten, od. in die Tiefe der Flüsse u. Seen versenkt, wie die Bouraque; od. am Ende von Fischzäunen (Fischwehren, quer durch die Flüsse gelegten trichterförmigen Zäunen, in deren Mitte eine Öffnung ist, vor welche die Reußen, ebenso wie die Garnsäcke u. Netze [s. unt.], gestellt werden) gelegt, wie die Bunge (Trommel). Des Morgens u. Abends werden die Reußen mittelst eines eisernen, an einer langen Stange befestigten Hakens (Fischhaken) aufgehoben u. die gefangenen Fische durch ein im Bauche des Korbes befindlichen Thürchen herausgenommen. Ein so im Wasser eingezäunter Ort heißt Fach, u. die im Zaune befestigten Reußen Fachreußen; ist eine Reuße ganz aus Garn gestrickt, so heißt sie Garnreuße. d) Mit Fischnetzen, d.h. von Bindfaden gestrickten Garnen (Fischergarnen) von verschiedener Größe; die größten heißen Zuggarne (Zugnetze). Diese werden entweder von einem od. mehreren Booten od. in kleinen Gewässern mit einem langen u. schmalen Nachen, Fischerkahn (der auch bei anderen Arten der F. gebraucht wird), fortgezogen od. auf der Stelle ausgeworfen, od. auch hinter Fischzäune, wie die Fischreußen angebracht. Die vorzüglichsten Fischnetze sind: aa) die Wathe, ein langes Netz, gewöhnlich um 1/3 od. 1/2 so breit als lang, mit einer Ober- u. Unterleine; an erstere werden Stücke Holz od. Kork angemacht (Beflossen, Bekorken), damit dieselben auf dem Wasser schwimmen, an letztere aber Blei befestigt (Bleien), um dieselbe auf dem Boden zu halten. Dies Netz wird an dem einen Ende eines Flusses od. Teiches ausgebreitet u. von einer od. mehreren Personen (Garnleuten) auf beiden Seiten an den Ober- u. Unterleinen gefaßt; man durchzieht das Wasser mit ihnen an dem Rande u. bekommt so die darin enthaltenen Fische. bb) Das Treibezeug; es besteht in einem von Netz gestrickten Sack von 1 od. mehreren Ellen im Durchmesser u. 10–15 Ellen Länge; vorn am weiresten, nimmt derselbe an Weite ab u. endigt hinten in einer Öffnung nach Verhältniß seiner Größe, die man durch eine durchgezogene Schnur zuziehen kann. An die beiden Seiten des Sacks werden gerade Wände (Flügel) u. in denselben ein viel kürzerer u. engerer Flügel gestrickt, dessen vordere Öffnung der großen gleich ist, der dann aber gleich enger zuläuft u. so weit am hinteren Ende offen bleibt, daß die Fische bequem hineinkönnen (Einkehlen). Die Flügel laufen nach der Breite des Flusses aus u. müssen noch etwas über das Wasser hinausragen; Reifen werden eingebunden, um den Sack offen zu halten, u. an sie wird vorn u. zu beiden Seiten ein Pfahl angebracht, um das Ganze zu befestigen; auch die Seitenwände u. das Ende der Schnur werden durch solche Pfähle befestigt; durch die Flügel wird den Fischen der Weg zum Sack gezeigt. cc) Die Wände; sie haben so weite Maschen, daß der Fisch blos mit dem Kopfe durchkann, der übrige Körper aber zurückbleibt; wenn nun derselbe die Kiemen öffnet, bleibt er in den Wänden hängen. dd) Die Senke, ein viereckiges Netz, das an 2 kreuzweis gebundene Reisen mit den Ecken befestigt wird; hebt man es an dem Kreuzbunde der Reisen, so bekommt es eine Vertiefung; das Ganze hängt an einer Stange, indem an das Kreuzbund eine Schnur befestigt wird, die man an die Spitze derselben bindet. ee) Das Wurfgarn, ein großes trichterförmiges Netz, das an dem weiten Ende mit Bleikugeln beschwert wird, u. dessen oberes Ende man mit einer Schnur schließt; es sinkt, auf die Oberfläche des Wassers geworfen, schnell unter u. umschließt alle darunter befindlichen Fische, welche, da man das Garn mit einem am weiten Ende angebrachten Zuge zuschließt, darin bleiben müssen. ff) Die Schlauchgarne (Garnsäcke, Garnschläuche), dem Treibezeuge (s. oben bb) ähnlich, nur bestehen sie aus einem bloßen langen Sacke ohne Einkehlen od. Flügel; man befestigt sie gleichfalls durch Pfähle u. stellt sie dem Fluß entgegen. gg) Die Fünfpforte (Fünfporte), ein Netz, das 6 Seiten wie ein Würfel hat; 5 Seiten (der Boden ausgenommen) haben in der Mitte eine Öffnung; das Netz wird an 4 Pfählen in dem Flusse od. See befestigt. hh) Das Haubennetz, ein großmaschiges, weites Netz, wird vor den Eingang eines engen Netzes gestellt. Ein Fischnetz mit einem Beutel wird im Allgemeinen auch Beutelgarn (Beutelnetz) genannt; eine Wand von Netzen, welche an Pfähle gerade aufgestellt wird, heißt Englischer Fischzaun. Ein schwimmendes Fischernetz nennt man Floßgarn. Um die Fische in die Netze zu jagen, bedient man sich mancherlei Vorrichtungen, so der Fischweide, welche aus Faschinen von Weiden besteht, die kreuzweis aufeinandergeschichtet, oben mit allerlei Strauchwerk, Gras u. dgl. bedeckt u. hinlänglich mit Pfählen befestigt werden, damit sich die Fischedarunter verbergen. Wenn sich diese dahin gewöhnt haben, so umstellt man die Fischweide mit einer Wathe, zieht die Faschinen empor, scheucht die Fische mit der Fischtrampe (einer 6–7 Ellen langen Stange, welche am unteren Theile mit einigen über einander gelegten Scheiben von Filz od. Leder versehen ist), aus ihrem Lager auf u. in die ausgespannten Netze u. zieht solche sammt den Fischen heraus. Ist diese Zurichtung von Bretern u. Steinen gemacht, so wird sie ein Fischport genannt. e) Mit Fischleuchten; in einem von Draht od. Eisen geflochtenen u. mit einem Stiele versehenen Korbe (Leuchtkorbe) werden klein gespaltene Kienstücke angezündet; einer der Fischer hält dieses Feuer über der Oberfläche des Flusses od. Baches, wodurch die Fische geblendet werden, so daß man sie bequem mit den Händen, mit Gabeln od. Netzen fangen kann. Doch muß dies stets[307] dem Strome entgegen geschehen. An vielen Orten ist jedoch diese, sowie überhaupt die F. bei Nacht, verboten. Etwas Ähnliches ist das in China übliche Fischen mit dem Spiegel, wobei man Fische dadurch anlockt, daß man das Mondlicht mit einem Spiegel auffängt f) Mit Fischgabeln (Stechgabeln), mit 2–6 mit Widerhaken versehenen Zinken an einem langen Stiel; das Fischstechen ist nur bei großen Fischen (Lachsen, Stören etc.) in Flußmündungen od. im Meere anwendbar. Treibt man die Fische gegen die Netze u. in dieselben, so heißt dies Fischjagd. g) Fischschießen; dieß wird bewerkstelligt, indem man die Fische mit Schießgewehren erlegt, wobei man wegen der Strahlenbrechung im Wasser etwa eine Hand breit vorhalten muß. h) Mit Fischbeizen. betäubenden Mitteln, bes. Kokkelskörnern etc.; sie sind aber gesetzlich verboten u. werden wie Fischdiebstahl bestraft.

II. Die zahme F. (Teich-F.) u. Fischzucht. A) Die zahme F. wird in besonders eingerichteten Teichen (Fischteichen) betrieben, welche in gewissen Zeiträumen ausgefischt u. dann wieder besetzt werden. a) Der vom Einlauf zum Damme mitten durch den Teich an der tiefsten Stelle gezogene 2–3 Fuß breite u. verhältnißmäßig tiefe Graben heißt Wassergang, das neben demselben 1 Fuß tiefer im Quadrat ausgegrabene Wasserbecken, der Fischplatz (Fischlager); er dient dazu, beim Ablassen des Teiches alle Fische in einen Raum zusammenzubringen. Der Wassergang mündet in einen Kanal behufs des Ablassens des Teiches; über diesem Kanal befindet sich der Walldamm. Das Gewölbe über dem Kanal muß mit dem Bette des Wasserganges in gleicher Höhe liegen, damit Teich u. Wassergang ganz ablaufen können; die Höhe des Dammes ist durch den Wasserspiegel bedingt. Zum Schutz des Teiches soll der Damm in der Nähe des Wasserganges höher sein. Hinter dem Damme befindet sich noch ein rundes Becken (Zuber), um zu verhüten, daß beim Ablassen des Teiches Fische mit abgehen; aus dem Becken läuft das Wasser in den eigentlichen Abzugsgraben. Zum Ab- u. Anlassen des Teiches dienen Stellfallen, Zapfenhäuser od. Ständer. Die Stellfallen werden von Steinen aufgeführt; um sie anbringen zu können, muß unter dem Damme durch in der Richtung gegen den Wassergang ein Abzugskanal geführt werden; da, wo er in den Teich ausmündet, wird er mit einer Steinplatte bedeckt, die in der Mitte ein Loch har, in welches ein Zapfen genau eingezapft ist, der gezogen werden kann. Zapfenhäuser od. Ständer werden auf den Kopf der in ihrer Mitte befindlichen Steine aufgesetzt, stehen mit den Nuten nahe am Damme u. sind mit Falzen versehen, in die beim Zusetzen Bretchen gelegt werden können. Am besten sind die Ständer mit dem Rechen verbunden, welcher verhindert, daß die Fische durch den Abzugskanal aus dem Teiche entschlüpfen können; sie bestehen aus Holz- od. Eisenstäben. Auf die Güte eines Teiches hat dessen Lage großen Einfluß: je freier der Teich gelegen ist, so daß er viel Sonne hat, u. je fruchtbarer seine Umgebungen sind, desto besser ist er. Großen Einfluß auf die Güte eines Teiches hat aber auch das Wasser; das beste Wasser ist Fluß- u. Bach- in Verbindung mit Feldwasser. Was den Boden anlangt, so behauptet der fette Thon- u. Lehmboden den Vorzug. Die Oberfläche eines Teiches soll eben sein u. allmälig nach dem Ständer zu abhängen; die Wasserfläche soll so wenig als möglich mit Wasserpflanzen bedeckt sein. b) Die Zwecke, welche bei jeder vollkommenen Teichfischerei erreicht werden sollen, bestehen in der Erzeugung von Brut, Zuzucht von Satz, Gewinnung verkäuflicher Fische u. Durchwinterung der Fische. Zu diesem Behufe theilt man die Teiche ein in Streich-, Streck-, Hauptteiche u. Winterhaltungen. In den Streichteichen wird Brut erzeugt; sie sollen seicht sein, warme, freie Lage, mageren Boden haben, frei von solchen Thieren gehalten werden, die den Fischlaich fressen, u. einen stets gleichen Wasserstand haben. In den Streckteichen soll die Brut wachsen u. zu Satz erzogen werden; solche Teiche müssen sehr nahrhaft sein u. Raubthiere u. zahmes Geflügel von ihnen abgehalten werden; man wählt sie gern von mittlerer Größe u. Tiefe. In die Haupt- od. Besatzteiche wird der Satz eingesetzt, um aus denselben verkäufliche Fische zu erziehen; man wählt dazu die größten u. tiefsten Teiche. Die Winterhaltungen, in welchen die Fische überwintert werden, müssen entweder Quellen haben od. durch fließendes Wasser gespeist werden. In den Teichen werden hauptsächlich Karpfen gezogen; neben ihnen kann man noch eine größere Anzahl von Schleien, Hechten u. Barschen, aber nur in geringer Menge ziehen, weil diese den Karpfen nachstellen. Das gute Gedeihen einer Teichfischerei beruht hauptsächlich auf der Zucht u. Behandlung edler Samenkarpfen. Auf 1 Milchener rechnet man 2–3 Rogener u. 1 gelten. Aus den Streichteichen wird die Brut in die Streckteiche versetzt u. aus ihr ein- bis zweisömmeriger Satz gezogen; die noch nicht über 1 Jahr alten Karpfen heißen Brut, sind sie 2 Jahre alt, einsömmeriger, u. 3 Jahre alt, zweisömmeriger Satz. Auf 1 Quadratruthe rechnet man 5–6 Stück Brut od. 2–4 Stück einsömmerigen Satz; die Besetzung der Streichteiche geschieht in der Regel im Frühjahr aus den Winterhaltungen; aus den Streckteichen kommt der Satz in die Hauptteiche. Sollen in diesen die Fische 2 Jahre stehen, so werden sie mit einsömmerigem, sollen sie aber nur 1 Jahr stehen, mit zweisömmerigem Satz besetzt; die Besetzung geschieht, wenn es nicht an Wasser fehlt. im Herbste, außerdem im Frühjahr; auf 2 Quadratruthen rechnet man 1 Stück Satz. c) Um die Teiche auszufischen, wird der Zapfen so gezogen, daß sich die Fische nach u. nach in das Fischlager zusammenziehen. Zum Einsetzen der gefangenen Fische bedient man sich entweder mit Wasser gefüllter Butten od. hinter dem Damme angelegter kleiner Bassins, wo sie sortirt u. dabei zugleich gezählt od. gewogen werden. Das Ausfischen geschieht mit Stangen-, Bügelhamen od. Wathen; die gefangenen Fische werden in Körbe gelegt od. in die Butten getragen. Die Ausfischung der Zucht- od. Hauptteiche fällt in den October, wo es weder friert noch auch zu warm ist, die Ausfischung der Winterhaltungen Ende März od. Anfang April.

B) Um die F. ergiebiger zu machen, als sie ohne Einwirkung künstlicher Vorrichtungen ist, kann man vier Wege einschlagen, indem man a) die Eier der Fische vor den zerstörenden Einflüssen der Wasserthiere u. Wasserpflanzen (Algen) schützt; b) für die Ernährung der jungen Brut Sorge trägt; c) Teiche od. Flüsse mit Fischsamen, d.h. befruchteten Fischeiern, die sich in angefeuchteten leinenen Läppchen, auch zwischen Kissen von feuchtem Moos od. [308] Baumwolle transportiren lassen, besäet; u. bes. d) durch die künstliche Fischzucht, indem man die Befruchtung der Eier durch die Milch des Männchens in einer vollständigeren Weise bewirkt, als es bei dem natürlichen Verlaufe des Fortpflanzungsprocesses der Fische der Fall ist. Die Anlage künstlicher Laichplätze für Fische, welche zu den Quellen der Flüsse aufsteigen, ist den Chinesen schon von Alters her bekannt; es dienen dazu die zur Bewässerung der Reisfelder gezogenen Wassergräben, in denen der Laich an Hürden u. Flechten, mit denen die Bäche u. Flüßchen durchzogen werden, hängen bleibt um dann in Teichen od. Fischbehältern zur Entwickelung gebracht zu werden. Ähnlich rerfuhren die Römer, indem sie ihre Teiche durch Gräben mit dem Meere in Verbindung setzten u. dadurch die Seefische veranlaßten, dort zu laichen. Auch die Ernährung der Fische durch Fleischabfälle u. das Fleisch solcher Thiere, welches keine menschliche Nahrung liefert, scheint den Römern bekannt gewesen zu sein, In neuerer Zeit ist diese künstliche Ernährung namentlich bei der Aalzucht in Frankreich angewendet worden. Für junge Fische bildet Froschlaich das vorzüglichste Ernährungsmittel. Die Aufbewahrung der Fischeier in entwickelungsfähigem Zustande behufs der Bevölkerung fischleerer Gewässer, u. die Befruchtung der Eier ist eine Erfindung der neueren Zeit. Letztere beruht darauf, daß man die Eier des Weibchens in einem kleinen Behälter mit der Milch des Männchens in innigere Berührung bringt, als es in freiem, namentlich in fließenden Gewässer geschehen kann, da die Eier sowohl wie die Milch Nahrungsgegenstände kleiner Wasserthiere sind u. Strömungen des Wassers u. sonstige Zufälligkeiten die Befruchtung der Eier verkümmern. Anfangs beschränkte sich diese sogen künstliche Fischzucht darauf, daß man zur Laichzeit ein Weibchen u. ein Männchen derselben Art in ein kleines Gefäß mit Wasser setzte, das Paar, nachdem es gelaicht hatte, daraus entfernte u. nur durch mäßiges Bewegen des Wassers die befruchtende Milch auf womöglich alle Eier Einfluß üben ließ. Sodann goß man das Wasser in ein größeres Gefäß mit Sandgrund u. setzte dasselbe in langsam fließendes Wasser, wobei man die Strömung durch eine obere, mit einem ganz feinen Sieb verschlossene Öffnung eintreten u. durch eine untere wieder austreten ließ. Waren die Fische so weit entwickelt, daß das Nabelbläschen verschwunden war, so gab man sie frei od. ernährte sie noch eine Zeitlang in abgezäunten Abtheilungen eines Teiches od. fließenden Wassers mit Froschlaich, Mollusken etc. Dies allgemeine Verfahren ist in neuester Zeit in verschiedener Weise verändert u. zum Theil sehr verbessert worden. Das neueste Verfahren ist folgendes: Zu der Zeit, wo Rogen u. Milch in den Fischen zur Reife gekommen sind, füllt man eine reine irdene Schüssel, deren Oberfläche dem flachen Boden in Ausdehnung gleich ist, mit reinem Wasser, u. zwar für Fische, die im Winter laichen, von 3–41/2, für Fische, die Anfang Frühjahr laichen, von 6–8, für solche, die im Sande laichen, von 16–20° R. Den Rogener hält man an Kopf u. Brustflossen in der linken Hand senkrecht über das Gefäß, streicht vorsichtig mit Daumen u. Zeigefinger der rechten Hand über das untere Ende des Eiersackes u. behandelt in demselben Augenblick ebenso den Milchener, damit sich Rogen u. Milch vereinigen u. befruchten können. Um dieses zu befördern, bringt man die Eier mit einem feinen Malerpinsel in sanfte Bewegung, ohne aber die schleimartige Hülle derselben zu zerreißen. Das gewaltsame Ausdrücken von Rogen u. Milch wird jedoch von vielen Fischzüchtern verworfen u. dagegen das von Millet vorgeschlagene angenommen. Zu diesem bedient man sich eines Behälters, dessen Boden, ein seines, bewegliches Sieb, dem Wasser, in welches man denselben setzt, Zugang zum Innern desselben verstattet. Über dem Boden befindet sich ein zweiter Boden, aus dünnen, weit auseinanderstehenden Stäben gebildet. An diesen Stäben reiben sich die Fische, um sich der Gier, resp. Milch, zu entledigen; sobald die Eier befruchtet sind, werden sie mit dem Wasser, worin sie sich befinden, in das Brütegeräth gebracht, welches folgende Einrichtung hat: auf dem Boden eines glasirten irdenen Gefäßes befinden sich aufeinander folgend einige Lagen Kieselsteinchen, Sand u. Kohlenpulver zur Reinigung des Wassers, womit das Gefäß angefüllt ist; das filtrirte Wasser läuft durch einen Hahn aus dem Geschirr in ein hölzernes Gefäß, welches inwendig mit Zinn bekleidet ist, u. ergießt sich durch einen an der Seite angebrachten Hahn in einen Sammeltrog. Die befruchteten Eier werden auf flache Körbchen von Pferdehaar gelegt u. je nach der Fischart ein od. mehrere Zoll unter die Oberfläche des Wassers in den Geschirren gesetzt; dieselbe haben umgebogene Ränder, sind 1 Zoll tief, 1 Elle lang u. 3–4 Zoll breit. Die Ausbrütegeräthe werden in einen Schuppen gestellt, der an jeder Seite mit nach außen sich öffnenden Läden zum Eintritt von Luft, Licht u. Wärme versehen ist. Die Eier erfordern während ihrer Entwickelungszeit genaue u. unaufhörliche Aufsicht; sie dürfen nicht aufgehäuft liegen, müssen von Insectenlarven befreit u. die Temperatur muß stets auf gleichen Grad erhalten werden. Das Ausbrüten der Eier kann auch in freiem Wasser auf solchen Sieben geschehen, indem man dieselben, um sie vor Schlamm u. Unreinigkeiten zu schützen, mit Hülfe von Schwimmern dicht unter der Oberfläche des Wassers erhält, so daß ihre Entfernung von derselben auch bei Niveauveränderungen stets sich gleich bleibt. Sobald die Fische ausgekrochen sind, werden sie entweder sofort in das Wasser gebracht, welches man mit ihnen bevölkern will, od. man setzt sie in sogenannte Fischpflegen, wo sie eine Zeitlang gefüttert werden. Eine solche Fischpflege besteht aus einem viereckigen Gefäß, welches mit Steinen gefüllt u. mit einem Deckel geschlossen ist; in dieses Gefäß leitet man See- od. Flußwasser, je nach der Fischart, um es darin zu reinigen, u. leitet es dann in andere Gefäße, in welchen die Fische bis zu einer gewissen Größe aufgezogen werden. Die Fütterung der jungen Fische muß möglichst mit der Nahrung übereinstimmen, die sie in der Freiheit suchen. Jedoch nicht alle Fischarten lassen sich künstlich züchten, z.B. der Karpfen nicht.

Die ersten Versuche der künstlichen Befruchtung der Fische stellte J. L. Jacobi in Detmold mit Forellen u. Lachsen in der Mitte des 18. Jahrh. an. Allgemeiner bekannt wurde seine Methode aber erst um 1840, als die Fortpflanzung der Fische Gegenstand der eifrigsten Forschung wurde u. namentlich Prevost, Dumas, Karl Vogt, Rusconi u. andere Naturforscher über den Fischlaich genaue Untersuchungen anstellten. Die Entdeckung der ungeheuren Verluste an Fortpflanzungsstoff, welche bei Fischen in natürlichen Verhältnissen stattfindet, legte den [309] Gedanken nahe, diesen Verlusten durch künstliche Mittel vorzubeugen. In England u. Schottland wurde indeß schon vorher das Verfahren Jakobi's, ebenso wie in Deutschland, von Privaten vereinzelt mit Erfolg angewandt u. die künstliche Fischzucht in Frankreich seit 1841 in den Vogesen von zwei Fischern, Genin u. Remy, in größerem Maßstabe betrieben. Allgemeine Aufmerksamkeit erregte die Sache aber erst, als Quatrefagues 1848 durch eine zoologische Abhandlung zunächst die Pariser Akademie, dann die französische Regierung für diesen Zweig der Landescultur zu interessiren wußte. In Folge dessen wurde auf Regierungskosten 1852 in Hüningen eine große Fischerzeugungsanstalt gegründet, deren Resultate die Erwartungen vollkommen rechtfertigten.

III. Die Fischer betreiben gewöhnlich auch den Fischhandel. Dazu bringen sie die gefangenen Fische mittelst eigener Wannen, Fässer, Zuber (Fischgefäße) in aus Brettern od. Bohlen verfertigte Behältnisse, die an den Seiten mit Löchern zu Eindringung des Wassers u. oben mit einem Deckel u. Schloß versehen sind. Diese Fischkasten werden in einem Flusse mit einer Kette an einen Pfahl befestigt, od. man bewahrt sie in einem kleinen, bes. dazu gegrabenen Teich (Fischhälter) auf, aus dem man einige Fische, so oft man sie braucht, mit leichter Mühe herausnehmen kann. Solche Fischhälter müssen frisches fließendes Wasser haben, abgelassen werden können u. so tief sein, daß sie den Winter hindurch nicht ausfrieren. Gewöhnlich sind in denselben für die verschiedenen Fischarten einzelne Abtheilungen. Das Füttern der Fische (Fischfütterung) in solchen Fischhältern od. in kleineren Teichen, wo sie nicht genug Nahrung haben, geschieht bei Karpfen u. anderen friedlichen Fischen mit Trebern, todtgeschlagenen Fröschen, Brod; bei Raubfischen, als Hechten, Forellen u. dgl., mit kleineren schlechten Fischen, dem Eingeweide u. geronronnenem Blute geschlachteten Viehes, bes. Rindsherz u. Leber etc. Zu derselben Absicht hat man auch Fischgraben, welche 40–60 Ellen lang sind. Zuweilen verwahrt man die Fische auch gegen Diebstahl durch ein Fischhaus, d.i. ein Haus, mit welchem man die Fischhälter überbaut.

IV. Die Befugniß, in einem Fischwasser Fische zu fangen heißt Fischereigerechtigkeit. Nach Römischem Rechte waren nur die Fische, welche in besonderen Teichen od. Fischbehältern aufbewahrt wurden, Eigenthum desjenigen, welcher das Fischbehältniß besaß, die Fische in Flüssen u. Meeren aber herrenlose Sachen u. nur dann erst Eigenthum, wenn sie gefangen waren. Diese Ansichten veränderten sich jedoch im Mittelalter, u. man nahm u. nimmt ein Eigenthum der Flüsse, Seen u. Meere, wenigstens in Ansehung gewisser Gegenden der letzteren, an; in letzter Beziehung sind zwischen verschiedenen Nationen, so zwischen. Engländern u. Franzosen, zwischen Engländern u. Nordamerikanern, in verschiedenen Friedensschlüssen u. Verträgen Verabredungen über die F. an den Küsten von Neufoundland getroffen worden. Die Wilde F. ist an manchen Orten nach Analogie der Jagd Regal u. wird dann gewöhlich verpachtet od. von eigenen Beamten verwaltet; an anderen Orten ist sie Eigenthum der Grundstücksbesitzer, soweit die Gewässer die Grundstücke jedes Einzelnen berühren, od. sie ist der Benutzung aller Staatsbürger preisgegeben. Die F. ist auf so mannigfache Weise, wie die Jagd, modificirt; sind Mehrere in einem Fluß od. Bach zu fischen berechtigt, so darf Keiner seine Befugniß zum Nachtheil des Anderen üben, od. durch Versetzung des Flusses den freien Gang der Fische hindern. Die Ausübung der F. ist vermöge der gewöhnlich obwaltenden Verhältnisse an die Fischereiordnungen gebunden, welche insbesondere bezwecken, daß die F. nicht ungesetzlich betrieben wird; nach diesen Fischereiordnungen werden auch die Fischereifrevel bestraft; vgl. auch Flußrecht.

J. Ehler, Der erfahrene Fischer etc., Lpz. 1823; Derselbe, Fischergeheimnisse u. Fischerkünste, ebd. 1824, 2 Hefte; Vollständiges Fischbuch etc., Quedlinb. 1824; J. E. v. Reider, Das Ganze der F., Nürnb. 1824; E. M. Schilling, Die wilde F. etc., Lpz. 1831; Hartig, Lehrbuch der Teichwirthschaft u. Verwaltung, Kassel 1831; Teichmann, Die Teichfischerei, 2. Aufl. Lpz. 1830; C. L. Morand, Fisch- u. Krebsfangsgeheimnisse etc., Weim. 1835; S. M. Alvenstod, Fischbuch, Nordh. 1837; S. M. Henning, Geheim gehaltene Fischkünste etc., Quedl. 1837, 2. Aufl. 1838; Hempel, Der sichere Fischschütz, Altenb. 1837; Wirth, Die Teichfischerei in ihrem höchsten Ertrag, Lpz. 1840; Das Ganze der Karpfenzucht, Jüterb. 1843; Leupold, Handbuch der wilden F. Quedlinb. 1845; Herrmann, Die Karpfen- u. Forellenteichwirthschaft, Kolberg 1847; Fraas, Die künstliche Fischerzeugung, 2. Aufl. München 1855; Haxo, Die künstliche Fischerzeugung, 2. Aufl. Lpz. 1854; Ehrenkreutz, Das Ganze der Angelfischerei, Quedl. 1857, 6. Aufl.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 306-310.
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