Feuer [1]

[237] Feuer, das gleichzeitige Auftreten von Wärme u. Licht, in Folge chemischer Processe od. mancher plötzlich eintretender Veränderungen in dem Molecularzustande der Körper. Vgl. Flamme u. Verbrennnung. Das Feueranmachen gehört unter die frühesten Erfindungen des Menschen u. kein Volk ist entdeckt worden, das nicht Feuer zu erzeugen versatnd. in einzelnen Fällen, im zündenden Blitzstrahl, in Eruptionen von Vulcanen, in an der Luft sich entzündenden Naphthaquellen, od. durch andere Selbstentzündungen, F. ohne Vermittelung des Menschen dar. Nach der griechischen Mythe hatte Prometheus das F. in einer Röhre vom Himmel entwendet u. den Menschen gebracht. In einem orphischen Gedicht wird schon der Kunst gedacht, durch einen Krystall (in Art eines Brennglases) Kienholz anzuzünden. Das verloschene heilige F. der Vesta mußte schon zu Numa's Zeit durch eherne Hohlspiegel wieder entzündet werden; auch die Sonnenjungfrauen der Inkas entzündeten auf gleiche Art das verloschene heilige Sonnen-F. Das Feueranschlagen mit Kieselsteinen wurde von Plinius dem Pyrodes zugeschrieben; derselbe erwähnt auch die Feuerbereitung durch an einander geriebenes Holz; beide Arten kannten auch die Amerikaner zur Zeitder Entdeckung der Neuen Welt u. erzeugten es, indem sie entweder verschiedene Arten Hölzer auf einander rieben u. die erhitzten u. mit sehr trocknem Gras od. Blättern umwickelten u. laufend dem Luftzug aussetzten, od. indem sie ein Holz quirlartig auf ein anderes einwirken ließen. Vgl. Feuerzeuge. Das F. ist bei vielen Völkern das würdigste u. herrlichste Symbol der Gottheit selbst u. Gegenstand der Verehrung (Feuerdienst, Pyrolatrie), so bes. in dem Parsismus. Modificationen dieser Religion waren das Heilige F. in den Tempeln der Vesta, bei Griechen u. Römern, ja selbst in dem Tempel Jehovahs bei den Juden, wofür in den katholischen Kirchen die Ewige Lampe gebrannt wird. F. war auch bei allen glten Bölkern das Symbol der Reinigung der Seele u. F. war das Mittel, an Menschen das Irdische u. Sterbliche zu zerstören u. göttlich u. unsterblich zu machen, so in dem Mythus von Demophoon u. Achilles u. von der Verbrennung des Herakles gus dem Öta. Darum wurden auch bei vielen alten Völkern, wie bei den Römern u. Germanen, die Leichname der Verstorbenen verbrannt, die letzte u. größte Reinigung. Endlich deutet auch die Sage von dem großen Weltbrand in den Religionen Indiens, Persiens, Skandinaviens, ja selbst das Fegefeuer des katholischen Christenthums auf Ähnliches.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 237.
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