Brennglas [1]

[279] Brennglas, Linsenglas mit convexer Oberfläche, entweder nur auf Einer Seite, (planconvex) od. (gewöhnlich) auf beiden (biconvex) u. dann wieder in der Regel gleichmäßig convex. Auch ein Glas von der Form eines Meniscus, auf einer Seite concav, auf der anderen aber mit stärkerer Convexität, wirkt als B. Die einfachste Form ist die einer Kugel. Die sich der Kugelform nur nähernden heißen Brennglaslinsen. Wenn ein B. so gegen die Sonne gewendet wird, daß die Sonnenstrahlen enkrecht auf die eine seiner Oberflächen fallen, so concentriren sie sich nach dem Gesetz der Strahlenbrechung hinter dem Glase in einem kleinen Raum, u. die Sonnenwärme wirkt dann in diesem Raume mit einer Intensität, die, bei gehöriger Größe u. Durchsichtigkeit des Glases, die des gewöhnlichen Holzfeuers weit übertrifft. Die Brennweite, in welcher das B. seine größte Wirkung äußert, ist bei einem planconvexen der Durchmesser, bei einem gleichmäßig doppelt convexen der Halbmesser, bei geringerer Convexität der einen Fläche das Mittel zwischen dem Halb- u. dem Durchmesser der Kugel, als deren Segment die convexe, in letzterem Falle die convexere Fläche zu betrachten ist, bei einem Meniscus von der angedeuteten Form fällt sie aber jenseit des Durchmessers der Kugel, deren Segment die convexe Fläche ist. Doch machen die Verschiedenheiten der Brechung der Lichtstrahlen vom Rande u. den dem Mittelpunkt näheren Stellen auch erhebliche Unterschiede in der Brennweite. Die Strahlen vom Rande vereinigen sich früher u. geben in Summe zugleich eine etwas stärkere Hitze. Auch gilt obiger Satz nur von Brenngläsern mit verhältnißmäßig geringer Dicke; bei einer massiven Glaskugel beträgt die Brennweite nur 1/4 des Durchmessers. Hohlgläser, die zusammengefügt eine durchsichtige Flüssigkeit einschließen, wirken als ob sie solid wären, ja meist mit noch mehr Stärke, weil die Lichtstrahlen dann in ihrem Durchgang weniger Widerstand finden. Auch ist die Brennweite eine größere, nach Verschiedenheit der verschlossenen Flüssigkeit; bei einer mit Wasser angefüllten Glaskugel beträgt die Brennweite etwa 1/2 des Durchmessers; dagegen ist sie, wenn Terpentinöl zur Ausfüllung gewählt ist, fast der des Glases gleich. Den mit Wasser. in Hohlgläsern befaßt, bereiteten Brenngläsern entspricht auch das Brenneis, zwischen zwei Kugelsegmenten gefrorenes Wasser, das eben so wirk, wie das V.; auch Krystall gibt Brenngläser ab. Schon die Griechen waren mit den Wirkungen von Brenngläsern bekannt. Aber erst seit Tschirnhausen (Ende des 17. Jahrh.), von dem in Paris noch 2 B. von 7 u. 12 Fuß Brennweite vorhanden sind, kennt man vorzügliche Brenngläser. In der Mitte des 18. Jahrh. machten Cadet, Brisson, Macquer u. Lavoisier Schmelzversuche mit Brenngläsern. Parkers großes B. in London von 3 Fuß im Durchmesser u. beinahe 7 Fuß Brennweite ist das größte bekannte B. Einen besonderen Vortheil bei solchen großen Brenngläsern gewährt ein dahinter angebrachtes kleineres B. (Collectivglas), wodurch der Strahlenkegel noch vor seiner Concentrirung aufgefangen u. von Neuem, u. zwar auf einem kleineren Raum zusammengedrängt wird. In neuerer Zeit hat Brewster vorgeschlagen, statt großer Brenngläser sogenannte Polygonallinsen zu fertigen; dieselben bestehen aus kleineren, mittleren Linsen, welche an ihrem Rande von Kränzen od. Zonen von Stücken größerer Linsen mit derselben Brennweite umgeben sind. Sie haben vor den großen massiven Brenngläsern den Vorzug, daß sich die kleineren Stücke leichter schleifen u. von gleichartigerer Masse darstellen lassen. Auch kann man die Abweichung der Randstrahlen durch veränderte Stellung der Zonenstücke verhindern. Mittelst solcher großen Brenngläser werden auch schwer flüssige Metalle u. andere streng flüssige Substanzen, Smaragd, Carneol, Asbest etc. in kurzer Zeit geschmolzen, in gewöhnlichen Brenngläsern aber leicht entzündliche Körper unverzüglich verkohlt od. auch entzündet, doch nicht brennbare Flüssigkeiten, Fette od. Harze, welche blos verdampfen u. blos von weißglühendem Eisen u. von wirklicher Flamme entzündet werden. Eine häufig übersehene Ursache von Feuersbrünsten beruht auf convexen Fensterscheiben od. auch mit Wasser angefüllten Flaschen, wenn Sonnenstrahlen zufällig auf eine in der Brennweite derselben entzündliche Substanz; concentrirt werden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 279.
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