Regierung

[930] Regierung (v. lat.), 1) die gesetzmäßige Lenkung u. Verwaltung eines Staates od. die verfassungsmäßige Ausübung der Rechte der Staatsgewalt. Diese Rechte (Regierungsrechte) ergeben sich im Allgemeinen aus dem Zwecke des Staats; sie sind diejenigen Functionen der Staatsgewalt, ohne welche der Staat nicht würde bestehen können; gleichwohl können besondere Verfassungsbestimmungen Verschiedenheiten in dem Umfang u. der Art der Ausübung dieser Regierungsrechte herbeiführen. Man unterscheidet: A) Allgemeine Regierungsrechte: a) die Befugniß der obersten Gewalt, auf Alles zu achten, was. im Staate vorgeht, sofern es mit dem Wohl desselben zusammenhängt (Aufsehende Gewalt). Darauf gründet sich die Befugniß, von den Behörden über Alles, was hierbei einschlägt, Bericht zu fordern. Doch soll sich der Staat auch nicht in Dinge mischen, welche dem Staatswohl nichts angehen; die oberaufsehende Gewalt soll keine geheime Polizei werden; b) das Recht, in absoluten Staaten ohne weiteres, in constitutionellen Staaten aber unter Zuziehung u. Einwilligung der Landstände, Verordnungen u. Gesetze zu erlassen, wodurch die Rechte u. Pflichten der Staatsbürger gegen den Staat u. gegen einander selbst bestimmt u. geregelt werden (Gesetzgebende Gewalt); c) das Recht diese Verordnungen u. Gesetze in Ausübung zu setzen (Vollziehende Gewalt). B) Besondere Regierungsrechte: a) Innere Regierungsrechte: das Recht der obersten Gewalt den von ihr regierten Staat gegen die Staatsbürger u. andere Staaten vorzustellen, sowie dessen Pflichten u. Befugnisse zu erfüllen (Repräsentationsrecht); das Recht Truppen auszuheben, das Kriegswesen anzuordnen, Festungen anzulegen etc. (Militärgewalt); das Recht die Staatsämter zu besetzen; das Recht die Einkünfte des Staats der Verfassung gemäß zu verwenden (Finanzgewalt); das Recht Recht u. Gerechtigkeit durch dazu bestellte Richter zu verwalten (Justizgewalt); das Recht über die öffentliche Sicherheit zu wachen u. die Hindernisse derselben zu entfernen (Polizeigewalt). b) Äußere Regierungsrechte: das Recht Bündnisse zu schließen; das Recht Krieg zu erklären u. Friede zu schließen; das Recht nachtheilige Befehlüsse anderer Staaten gegen den diesseitigen zu erwidern (Retorsionsrecht). Über die außerwesentlichen Regierungsrechte s. Regalien. Unumschränkt nennt man die R., wenn den Regenten nichts als Pflichtgefühl seiner Würde u. Religion, aber keine Gesetze einer Verfassung an gewisse Formen seiner Verwaltung binden. In der constitutionellen Monarchie versteht man unter R. vorzugsweise die Ausübung der Regierungsrechte durch die (verantwortlichen) Minister; daher der Satz: Der König herrscht, aber er regiert nicht (Le roi regne, mais il ne gouverne pas). 2) (Landesregierung), das Collegium, durch welches die oberste Gewalt ihre Regierungsrechte ausübt; 3) das Collegium, welches einen Theil der Regierungsrechte im Auftrage der höchsten Staatsgewalt mit ausdrücklicher od. stillschweigender Genehmigung der letztern auf die vorgelegten Wünsche, auf erstattete Berichte od. aus innerer Überzeugung der Nothwendigkeit u. Gesetzlichkeit vollzieht. Ehedem pflegten die höheren Justizbehörden den Namen R. zu führen u. einzelne Zweige der Verwaltung, wie Lehnssachen, Hoheitsrechte, Polizeigewalt, mit in ihrem Wirkungskreis zu haben; in neuester Zeit hat man aber die Verwaltung von der Justiz geschieden u. nennt R. die Behörde für die Verwaltung; 4) R. der Welt (Dogm.), s. u. Vorsehung.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 930.
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