Kinn, das

[1579] Das Kinn, des -es, plur. die -e, Diminut. das Kinnchen, Oberd. Kinnlein, eine jede Hervorragung an einem Körper. 1) Überhaupt; wo es doch nur noch in einigen einzelnen Fällen üblich ist. So wird an den Regenrinnen, das vorderste herab hangende Stückchen Leiste das Kinn genannt. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, der hervor stehende Theil an dem thierischen Kopfe, besonders an dem menschlichen Gesichte unter der Unterlippe, welcher durch die Zusammenfügung der Kinnbacken gebildet wird. Ein rundes, gespaltenes Kinn. Ein glattes Kinn, ein unhärtiges. Das Grübchen in dem Kinne. Weil es bey den Männern der Sitz des Bartes ist, so führet es im gemeinen Leben auch den Nahmen des Bartes.

Anm. In der letzten Bedeutung schon bey dem Raban Maurus im 8ten Jahrhunderte Chinni, im Nieders. gleichfalls Kinn, im Engl. Chin, im Angels. Cinn, im Griech. γενειον, κοννος. Zu der allgemeinen Bedeutung eines Hervorragung gehören das Dän. und Schwed. Kind, die Backe, das Lat. Gena, das alte Oberdeutsche Ken und Kyns, der Knöchel, und andere mehr. S. auch Kinnbacke, Knie und Kante. Auf ähnliche Art nennen die Dänen und Schweden das Kinn Hage und Haka, dagegen bey den Niedersachsen um eben dieser Ursache willen Hacke die Ferse ist. Im Hochdeutschen ist dieses Wort fast ohne Ausnahme ungewissen Geschlechtes, in den Mundarten aber kommt es so wohl im männlichen als auch im weiblichen vor, der Kinn und die Kinne.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1579.
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