Kluft, die

[1642] Die Kluft, plur. die Klüfte, Diminut. das Klüftchen, Oberd. Klüftlein. 1. Eine Spalte. 1) Eigentlich; in welcher Bedeutung es besonders im Oberdeutschen eine jede Spalte, einen jeden Riß oder Ritz im Holze, in einer Mauer oder in einem andern festen Körper bezeichnet; in Ober-Schwaben Chluft,[1642] Chlub, im Nieders. Klöve. Im Hochdeutschen ist es, besonders im Bergbaue, von den Spalten in den Felsen und Bergen am üblichsten, welche durch gewaltsame Veränderungen in denselben hervor gebracht worden, sie mögen nun nachmahls von der Natur mit Erz und erzhaltigem Gesteine ausgefüllet seyn, oder nicht. Im erstern Falle werden sie im Bergbaue Gänge genannt, im zweyten Falle aber heißen sie in engerer Bedeutung Klüfte; Böhm. Kluffta, Schwed. Kluft. Wasserklüfte, welche mit Wasser angefüllet sind, Schmerklüfte, welche mit einem schmierigen Letten ausgefüllet sind, Kreuzklüfte, Querklüfte, welche in das Kreuz oder in die Quere gehen, Hängeklüfte, Tageklüfte u.s.f. 2) * In weiterer Bedeutung, eine Höhle in oder unter der Erde, ingleichen eine Gruft, ein durch Kunst gemachtes Behältniß unter der Erde; eine im Hochdeutschen fremde Bedeutung, welche so wohl in der Deutschen Bibel, als auch im Niedersächsischen vorkommt. Die Kinder Israel machten sich Klüften (Klüfte) in den Gebirgen, Richt. 6, 2. Sie verkrochen sich in die Höhlen und Klüften, (Klüfte) und Felsen, 1 Sam. 13, 6. Da wird man in der Felsen Höhle gehen und in der Erden Klüfte, Es. 2, 19. Das Grab war eine Kluft und ein Stein darauf gelegt, Joh. 11, 38, d.i. eine Gruft, ein ausgemauertes Grab.


Die reiche Zahl der flüchtigen Kaninen

Nimmt Klüften (Klüfte) ein, die sicherlich ihr dienen,

Opitz.


Welcher im Hochdeutschen ungewöhnliche Plural von dem Oberdeutschen Singular die Klüfte herkommt, welcher in einigen Gegenden gangbar ist.


Der henkt sich mit Gefahr.

An eine Klüfte hin,

Opitz.


Bey dem Apherdian ist die Kluft ein Keller, und in dem Dom zu Hamburg wird die Kapelle unter der Erde die Kluft genannt. Luc. 16, 26 bedeutet es figürlich, aber gleichfalls auf eine im Hochdeutschen ungewöhnliche Art, einen Abgrund, oder auch einen großen weiten Raum: über das alles ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt. S. Kluftdamm. 2. Ein durch Spalten hervor gebrachtes Ding. In diesem Verstande werden so wohl im Niedersächsischen, als auch im Bergbaue große Holzscheite, welche sonst auch Kloben heißen, Klüfte genannt. In weiterer Bedeutung scheinet es in einigen Gegenden eine große unförmliche Masse, einen Klotz oder Klump zu bezeichnen. Wenigstens heißt es in einer Stelle bey dem Opitz; Ob der Herr gleich Steine und Klüfte von Himmel regnet, so werden sie uns nicht schaden. Um welcher weitern Bedeutung willen es in diesem Verstande, so wie Kloß, Klump, Klotz u.s.f. mehr zu kleben, als zu klieben, spalten, zu gehören scheinet. Im Niedersächsischen wird das dicke Fleisch in der Bauchhöhle des Rindviehes die Kluft, und das Stammende eines Baumes die Klufter genannt. 3. Ein gespaltenes Ding, ein Kloben, eine Kluppe; in welchem Verstande es besonders im Oberdeutschen sehr häufig ist, eine Zange, besonders aber eine Feuerzange zu bezeichnen. In den Monseeischen Glossen Chlufti, in Ober-Schwaben Chlufta. In den Florentinischen Glossen ist Cluft um eben dieser Ursache willen eine Lichtputze. Nach dem Muster der Oberdeutschen wird so wohl bey den Nagelschmieden eine kleine Zange, als im Hüttenbaue die lange Zange, womit die Probirer die Scherben und Kapellen in und aus den Ofen thun, die Kluft oder Kluftzange genannt.

Anm. Es stammet in allen diesen Bedeutungen, die zweyte etwa ausgenommen, von klieben, spalten, her. S. Klaue, Kloben und Kluppe.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1642-1643.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika