Läufer, der

[1935] Der Läufer, des -s, plur. ut nom. sing. von dem Zeitworte laufen. 1) Eine Person, welche läuft, Fämin. die Läuferinn. Er ist ein guter Läufer, läuft gut, d.i. schnell. Besonders sind die Läufer auf besondere Art gekleidete Bedienten, welche vor dem Wagen oder Pferde ihres Herren herlaufen. Ehedem pflegte man auch die Fußbothen Läufer zu nennen, wie in einigen Oberdeutschen Gegenden wohl noch jetzt geschiehet. In der Deutschen Bibel kommt es in dieser Bedeutung einige Mahl vor. Auch im Hochdeutschen kennet mann es in dieser Bedeutung in dem zusammen gesetzten Bothenläufer. In manchen Fällen verschwindet der Begriff der Geschwindigkeit. So nennet man in vielen Gegenden einen Aufseher über eine Waldung zu Fuß einen Heideläufer, zum Unterschiede von einem Heidereiter. Im Niedersächsischen werden die Karrenschieber bey der Deicharbeit Läufer genannt. In dem Schachspiele führen zwey Officiers, welche über Eck das ganze Schachbret durchlaufen können, den Nahmen der Läufer. Sie sind aber ursprünglich Elephanten, dagegen unser Elephant in dem Schachspiele bey den Morgenländern ein Kamehl oder Dromedar ist.

2) Von Thieren, mit dem Begriffe der Geschwindigkeit in Ansehung des Laufes. So sagt man von einem schnell laufenden Pferde, daß es ein guter Läufer sey. Aber ein schnell laufendes Pferd oder Kamehl überhaupt einen Läufer zu[1935] nennen, wie in der Deutschen Bibel mehrmahls geschiehet, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. In vielen einzelnen Fällen verschwindet der Begriff der Geschwindigkeit entweder ganz oder doch zum Theil. Bey den Vogelstellern wird ein abgerichteter Vogel, welcher auf dem Vogelherde herum läuft und singt, der Läufer genannt. Junge entwöhnte Schweine werden so lange bis sie das erste Mahl sich begatten, in der Landwirthschaft Läufer genannt, vermuthlich weil man sie in dieser Zeit frey herum laufen lässet.

3) Ingleichen von leblosen, aber beweglichen Dingen, in verschiedenen einzelnen Fällen. So heißt in den Mühlen der obere Mühlstein, welcher sich auf dem untern unbeweglichen herum drehet, der Läufer. Bey denjenigen, welche mit geriebenen Farben zu thun haben, ist der Läufer der kleinere bewegliche Stein in Gestalt eines Kegels, mit welchem die Farbe auf dem Reibesteine zerrieben wird. In der Seefahrt werden die beweglichen Stücke auf dem Jacobsstabe Läufer genannt. Bey den Tuchbereitern ist der Läufer das bewegliche Blatt an der Tuchschere, im Gegensatze des Liegers, oder des unbeweglichen. Die Ranken an den Erdbeeren und andern Pflanzen, sind häufig unter dem Nahmen der Läufer bekannt. Eine Art wilden oder Weidenhopfens heißt Läufer, weil er sich zeitlich von der Hitze aufthut, und so wohl seinen Samen, als das Mehl laufen läßt. Der Läufer der Seiler ist ein in der Wand stehendes bewegliches Rad, ein Seil mit vier Haken daran zu spinnen; das Seilerrad, der Wirbel. An den Thorwegen der Meierhöfe ist der Läufer ein gerade stehendes Holz an der Seite, wo die Haspen sind, welches unten einen in einer Pfanne beweglichen Zapfen hat, oben aber wie ein Cylinder gestaltet ist, damit es in eine Angel gehen könne. Eine abgelaufene Spule, auf welcher nicht Wolle genug gewunden gewesen, heißt bey den Tuchmachern ein Läufer, und unter den Gränzsteinen sind diejenigen, welche zwischen den Haupt- und Ecksteinen stehen, und gleichsam mit unter laufen, unter dem Nahmen der Läufer bekannt. Die Mäurer nennen diejenigen Mauersteine, welche nach der Länge der Mauer gehen, Läufer, zum Unterschiede von den Bindern, welche sich nach der Dicke erstrecken. In der Musik macht man einen Läufer, wenn man von einer Note zu einer andern entferntern alle der Scale gemäß dazwischen liegende Tonstufen in der Geschwindigkeit mit berühret.

Anm. Im Nieders. Looper, im Oberd. Laufer, weil man daselbst in der zweyten und dritten Person du laufst, er lauft, sagt. Im Hochdeutschen, wo das a in dieser Person am häufigsten in ein ä übergeht, ist daher auch Läufer üblicher.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1935-1936.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: