Letzt

[2036] Lêtzt, adj. et adv. welches von Dingen gebraucht wird, welche kein anderes Ding ihrer Art nach sich haben, so wohl der Zeit, als dem Orte und der Ordnung nach; im Gegensatze des erst. 1) Der Zeit nach. Der letzte Tag im Jahre. Er ist immer der letzte, kommt am spätesten. Immer das letzte Wort haben wollen. Jetzt komme ich zum letzten Mahle. Der letzte Tag meines Lebens. Oft auch nur beziehungsweise, was bis jetzt noch kein anderes Ding nach sich hat. Das letzte Mahl, da ich ihn sahe. Der letzte Krieg, der vorige, seit welchem kein anderer Krieg gewesen ist. Besonders von Dingen, welche einen Sterbenden betreffen. Der letzte Wille, das Testament. In den letzten Zügen liegen, im gemeinen Leben, im Begriffe zu sterben seyn. Die letzte Öhlung, in der Römischen Kirche. Einem die letzte Ehre erweisen, seiner Beerdigung beywohnen. Du hießest uns zu deinem Lager kommen, um den letzten Segen zu empfangen. Ingleichen was das Ende der sichtbaren Körperwelt und ihres gegenwärtigen Zusammenhanges betrifft. Das letzte Gericht, das jüngste. Die vier letzten Dinge. 2) Dem Orte nach. Der letzte Baum auf dem Felde. Portugall ist das letzte Land in Europa gegen Abend. 3) Der Ordnung und der damit verknüpften Würde, dem Vorrathe u.s.f. nach. In einer Prozession der letzte seyn. Liebe und Haß sind zwey Leidenschaften, wovon die erste oft strafbar wird, die letzte aber es fast jederzeit ist. Der letzte, höchste Endzweck. Das ist das letzte Geld, was ich habe, oder das ist mein letztes. Den letzten Ausspruch thun, welcher keine Widersetzung leidet.

Anm. Als ein Nebenwort kommt es außer dem zusammen gesetzten zuletzt selten vor. Doch gebraucht man im gemeinen Leben letzt für neulich, jüngst, der Zeit nach, wofür doch letztens und letztlich üblicher sind. S. diese Wörter. In der höhern Schreibart leitet das Beywort auch die zweyte Endung nach sich. Wie zufrieden wird der letzte meiner Tage seyn, wenn u.s.f. Obgleich dieses Wort der eigentliche Superlativ von lat, spät, ist, so macht man doch, so wie von erst und mehr, oft einen neuen Comparativ davon, und zwar nicht nur, wenn nur zwey Glieder vorhanden sind; Cajus und Sempronius, ersterer[2036] war arm, letzterer aber reich; sondern auch, wenn man die nächst vorher gegangene Sache bezeichnen will. Der letztere Krieg. So machten auch die Lateiner von dem Superlativ proximus den Comparativ proximior, von postremus und minimus die neuen Superlative postremissimus, minimissimus. Den bestimmten Artikel kann dieses Wort außer dem jetzt gedachten Comparativ nicht leicht entbehren, ob man ihn gleich in den Kanzelleyen oft weglässet, wenn es ohne Hauptwort stehet, und die nächst vorher gemeldete Sache oder Person bezeichnet. In einigen R.A. hat man in der vertraulichen Sprechart auch das Hauptwort die Letzt oder die Letzte. Es gehet auf die Letzte, es gehet zum Ende. Zu guter Letzt, zum Beschluß, S. 2. Letze. Auf die Letzte (endlich, am Ende) machen sie mir wohl noch alles weiß. Eben so sagt man im gemeinen Leben, in der Erst, für anfänglich.

Bey den ältern Fränkischen und Oberdeutschen Schriftstellern lautet dieses Wort lezest, lezist, im Angels. laesta, im Griech. λοισθος. Es ist der Superlativ von dem noch im Nieders. üblichen lat, spät, oder auch von unserm laß, langsam, spät, träge, daher es ohne Zusammenziehung latest oder lassest heißen sollte. Der Comparativ findet sich unter andern auch in dem Nieders. Worte Laterndag, welches in Niederdeutschen Urkunden mehrmahls vorkommt. Frisch hält ihn für den achten Tag nach dem Feste eines Heiligen, Haltaus aber für den Sonnabend. Allein Hr. J. P. Wöhner zeigt in einer kleinen Schrift, de vera significatione vocis Laterndag, daß es von lat, spät, komme, und den folgenden Tag bedeute.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 2036-2037.
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