Lispeln

[2078] Lispeln, verb. reg. act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben bekommt. Es ist eine Onomatopöie, welche eine dreyfache Art des Schalles ausdruckt. 1) Einen Fehler der Aussprache, wenn die Zunge des Sprechenden zu lang und groß ist, und daher zu oft an die Zähne anstößet, und ein falsches gelindes s hören lässet. Ehedem nur lispen, im Schwed. lispa, Dän. lespe, Angels. wlisp, Niedersächs. wispeln, Engl. to whisper und lisp. Schon bey dem Aristophanes ist λισπƞ γλωσσƞ eine lispelnde Zunge. Daher der Lispeler, welcher im Reden lispelt, ehedem nur Lisper. 2) In der edlern und dichterischen Schreibart wird es für leise reden gebraucht, welches im gemeinen Leben durch flistern, wispern, wispeln, bispeln, zischeln u.s.f. ausgedruckt wird. Ital. bisbigliare.


Die Schwermuth lispelt mir nur Schrecken in das Ohr,

Cron.


Den Anschlag lispelt dir die Eifersucht ins Ohr,

Weiße.


Dort klagt blutdürstig ihn laut sein Verbrechen an,

Doch lispelt hier mein Herz, nein, er hat nichts gethan,

Weiße.


3) In eben dieser Schreibart wird es auch gebraucht, das sanfte Säuseln des Windes, das gelinde Geräusch eines Baches, und des bewegten Laubes der Bäume auszudrucken. Sanfte Entzückungen duften aus jeder Blume ihm zu, ertönen und lispeln ihm aus jedem Gebüsche, Geßn. Nahe Bäche lispelten[2078] durch das Gras oder rauschten in kleinen Gefällen sanft in das Getöse, ebend. Ich höre den lispelnden West, der sich auf schlanken Zweigen wiegt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 2078-2079.
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