Mahlen (2)

[27] 2. Mahlen, verb. reg. act. außer daß es im Mittelworte gemahlen für gemahlet hat. 1. * Eigentlich, sich hin und her bewegen, besonders sich im Kreise bewegen; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher man nur noch in Niedersachsen sagt, das mahlet mir im Kopfe herum, das gehet mir im Kopfe herum. S. Mahlstrom, welches diese Bedeutung der kreisförmigen Bewegungen noch am deutlichsten erhalten hat. 2. In engerer Bedeutung, durch hin und her bewegen zerreiben. 1) * Überhaupt; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher das von diesem Worte herstammende Intensivum zermalmen üblicher ist. Doch sagt man noch zuweilen gemahlenes Gold, gepülverte, zerriebene Goldblätter zu bezeichnen. 2) In engerer und gewöhnlicher Bedeutung, zwischen zwey Steinen zermalmen oder zu Mehl machen, besonders so fern selbiges in besondern Maschinen oder Mühlen vermittelst des obern beweglichen Steines geschiehet. Zwey harte Steine mahlen selten rein, durum durum destruit. Wo es denn auch von Personen gebraucht wird, welch zumahl bey Handmühlen die Maschine bewegen. Simson mußte mahlen im Gefängnisse, Richt. 16, 21. Man mahlet es, daß es Brod werde, Es. 28, 28. Nimm die Mühle und mahle Mehl, Kap. 47, 2. Als auch von dem Müller, oder derjenigen Person, welche die Aufsicht über die Mühle führet. Der Müller mahlet heute nicht. Als endlich auch von derjenigen Person, welcher das Getreide gehöret, für mahlen lassen. Wir wollen heute mahlen. Sprichw. Wer eher kommt mahlet eher, dessen Getreide wird zuerst gemahlen. Der Sand mahlet, oder die Räder mahlen, wenn der Sand über die Felgen der Räder gehet, und die Speichen ihn im Herumdrehen abwerfen. Auch mahlet man den Schlamm aus den Gräben und Deichen, wenn man ihn vermittelst eines Mühlwerkes heraus zu schaffen sucht. S. Modermühle.

Auch von diesem Worte ist statt des Hauptwortes die Mahlung, der Infinitiv das Mahlen üblich.

Anm. Ehedem ging dieses Zeitwort irregulär. Ja noch jetzt sagt man im gemeinen Leben einiger Gegenden, du mählst, er[27] mählt, und im Imperf. ich muhl. Ja in manchen, selbst Obersächsischen Gegenden, lautet sogar das ganze Zeitwort mühlen. Von dieser irregulären Form ist nicht nur das Mittelwort gemahlen für gemahlet noch ein Überrest, sondern es zeugen davon auch die Ableitungen Mühle, Müller, Mehl, Mulm, Malz u.s.f.

Notker gebraucht mulon und fermulon noch in der weitern Bedeutung für zermalmen. In dem heutigen engern Verstande lautet es im Schwed. mala, bey dem Ulphilas malan, im Wallis. malu, im Dän. male, im Engl. to mill, im Lat. molere, im Griech. μυλλειν, im Französ. mouldre, moudre, im Böhm. mlyti, im Pohln. miete, mete, ich mahle. Schon im Hebr. ist טל zerrieben. Zu der Verwandtschaft dieses Wortes gehören außer unserm Mehl, zermalmen, Malz, milde u.s.f. das Nieders. mullen, zerreiben, Mull, Mulm, Staub, lockere Erde, zerriebener Graus, das Lat. mollis und demoliri u.a.m. Es ist ein Iterativum von mähen, hin und her bewegen, Lat. movere, wovon vermittelst der Endung -len, mähelen, und zusammen gezogen mählen, mahlen, oft hin und her bewegen, gebildet worden; woraus zugleich die Verwandtschaft mit mahlen, pingere, erhellet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 27-28.
Lizenz:
Faksimiles:
27 | 28
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika