Muschel (2), die

[322] 2. Die Múschel, plur. die -n, Diminut. das Müschelchen, Oberd. Müschellein, eine Art Schalthiere mit zwey Schalen, welche vermittelst eines Gewindes geöffnet werden können. 1) Eigentlich, wo bald das ganze Geschöpf mit seiner Schale, bald das Thier ohne Schale, bald aber auch nur die Schale allein mit diesem Nahmen beleget wird. In Ansehung des ganzen Geschöpfes nimmt man es in der Naturgeschichte in der schon angezeigten weitern Bedeutung, so daß auch die Austern, Pinnen, Kammmuscheln, Perlenmuscheln u.a.m. dahin gehören. In engerer Bedeutung hingegen pflegt man oft nur diejenigen Schalthiere dieser Art Muscheln zu nennen, welche länglich rund sind, ihre Vergliederung mitten in dem Gebäude haben, und größten Theils gegessen werden können, und daher zum Unterschiede von andern Arten auch Küchenmuscheln heißen; Mytilus L. Diese letztere Art, von welcher es so wohl Flußmuscheln als Seemuscheln gibt, heißen im Holländischen gleichfalls nur Mosseln schlechthin. In den Küchen verstehet man unter dem Nahmen der Muschel oft nur das Thier, welches diese[322] Schale bewohnet. Kalbfleisch mit Muscheln. Eine Muschelbrühe. Ausgestochene Muscheln. Dagegen man eben so oft unter diesem Nahmen nur eine der beyden Schalen allein verstehet, welche vollständig eine Muschelschale heißt. Eine Farbenmuschel, zugerichtete Farben darin aufzubehalten. Muschelgold, Muschelsilber u.s.f. 2) Figürlich, von der letzten Bedeutung ein einer Muschelschale in der weitesten Bedeutung, so daß auch die Austerschalen mit darunter begriffen werden, ähnliches Gefäß oder Behältniß. So wird der einer Muschel ähnliche Schild an den Gefäßen der Hirschfänger und der Pallasche der Officiers von der Reiterey so wohl der Korb, als die Muschel genannt. Der äußere Theil des Ohres führet wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt gleichfalls den Nahmen der Muschel; anderer ähnlicher Fälle zu geschweigen.

Anm. Im Nieders. Mussel, im Holländ. Mossel, im Engl. Muscle, im Franz. Mousle, Moule, im Span. Mexile, im Ital. Muoscolo, Musciolo, im Schwed. Musla, im Dän. Muskel, im mittlern Lat. Muscula, bey dem Plautus Musculus sonst aber bey den Römern und Griechen Mytilus, welches bloß den Zischlaut in das nahe verwandte t verändert hat. Es ist ungewiß, ob der Begriff der Schale und des hohlen Raumes in diesem Worte der herrschende ist, in welchem Falle es zu dem vorigen Muschel, ein Sack, gehören würde, oder der Begriff der weichen eßbaren Beschaffenheit des Thieres. Das letztere erhält dadurch einige Wahrscheinlichkeit, weil eine Muschel im Ital. auch Molleca genannt wird. Alsdann würde es ein Seitenverwandter von Moos, Muß, Muskel, Moder, und andern dieses Geschlechtes seyn. Die Ableitungssylbe -el bedeutet ein Subject, von welchem der erste Theil des Wortes etwas sagt. Daß im Oberdeutschen Muschel auch eine Fliege, ingleichen einen kleinen Vogel bedeute, ist schon bey Musche und Mücke angemerket worden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 322-323.
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