Nachhängen

[374] Nachhängen, verb. irreg. neutr. (S. Hängen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. Es ist, 1) im eigentlichen Verstande nur bey den Jägern üblich, wo es einem Hirsche mit dem am Hängeseile geführten Leithunde nachsuchen, denselben auf diese Art aufsuchen, bedeutet. Mit dem Leithund ein Hirschen nachzuhengen, Theuerd. Kap. 40. Man gebraucht es auch von dem Leithunde selbst, welcher einer Fährte, oder auf einer Fährte nachhänget, wenn er eifrig auf derselben fortsucht. Ohne Zweifel wird in dieser Bedeutung zunächst auf das Hängeseil gesehen, an welchem der Leithund geführet wird. 2) Figürlich. Einer Sache nachhängen, sich ihren Wirkungen, oder auch sich der Neigung zu ihr auf eine anhaltende Art und in einem merklichen Grade überlassen; wo es mehr Anhalten, einen höhern Grad, und zugleich auch mehr leidentliche Beschaffenheit bezeichnet, als nachgehen. Man gebraucht es so wohl von allerley Leidenschaften und Gemüthsbewegungen. Ich will meiner Leidenschaft nicht nachhängen. Dem Grame nachhängen. Als auch von andern Neigungen, Vorstellungen u.s.f. Unter der Maske der Gleichgültigkeit kannst du deinen Begierden sicher nachhängen. Wir hingen unsrer Lieblingsthorheit nach. Einem Gedanken nachhängen.


Und hängt voll lüsterner Begier

Bloß seinen Freuden nach,

Weiße.


[374] Anm. Schon Notker gebraucht das einfache hangen in diesem Verstande; uuanda er hangta siner geluste. Es stammet von hangen ab, so fern es in der weitesten und eigentlichsten Bedeutung ehedem eine jede doch stärkere Bewegung als gehen ausdruckte. Daher wurde hangen und nachhangen im Oberdeutschen auch häufig für gehen, nachgehen, folgen gebraucht. Einem Geschrey nachhangen, demselben nachgehen, in den Deutschen Sprichw. bey dem Frisch. Dem abziehenden hernach hängen, den abziehenden Feind verfolgen, ebend. Und bey dem Pictorius ist der Nachhänger ein Nachfolger, Consectator. Da alle Benennungen des Gemüthes und seiner Wirkungen Figuren der Bewegung sind, so erhellet auch daraus die Verwandtschaft mit Hang, Neigung, und dem alten Hug, das Gemüth. Eigentlich sollte dieses Wort als ein Neutrum nachhangen lauten, wie es auch im Oberdeutschen üblich ist; allein im Hochdeutschen werden hangen und hängen fast beständig mit einander verwechselt. S. dieselben.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 374-375.
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