Obliegen

[570] Obliegen, verb. irreg. act. (S. Liegen,) welches auf doppelte Art gebraucht wird. 1. Mit dem Hülfsworte seyn, wo es aus dem veralteten Nebenworte ob für oben, und liegen zusammen gesetzet ist, oben liegen, und figürlich, in einem Wettstreite die Oberhand gewinnen, den Sieg davon tragen. Du hast mit Gott und mit Menschen gekämpfet und bist obgelegen, 1 Mos. 32, 28. Ein Geschrey derer die obliegen und unterliegen, 2 Mos. 32, 18. Wo es denn auch wohl mit der dritten Endung gebraucht wird. Er wird seinen Feinden obliegen. Im Hochdeutschen gehöret es in diesem Verstande unter die veralteten Wörter, außer daß es noch zuweilen von den Dichtern im Andenken erhalten wird. Doch so das es dir niht lige ob, daß es dich nicht beherrsche, bey dem Winsbeck. 2. Mit dem Hülfsworte haben, wo es aus dem veralteten Vorworte ob, auf, zusammen gesetzet ist. 1) Einer Sache obliegen, sich derselben auf eine anhaltende Art befleißigen. Den Wissenschaften, der Musik, dem Tanzen obliegen. Auch diese Bedeutung kommt im Hochdeutschen wenig mehr vor. 2) Durch ein Gesetz zu etwas bestimmt seyn, dazu verpflichtet, verbunden seyn; wo es nur in der dritten Person, und oft unpersönlich gebraucht wird, und gleichfalls die dritte Endung der Person erfordert. Es lag dir ob, daran zu denken. Es lieget mir ob, dafür zu sorgen. Die wichtige Pflicht, die uns obliegt, die Kräfte unsers Geistes auszubilden, Gell.


Mir liegt die Pflicht der Ehrfurcht, ob,

Haged.


Was liegt Monarchen ob, die tausende regieren?

ebend.


Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 570.
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