Passieren

[667] Passieren, verb. reg. welches aus dem Franz. passer, im mittlern Latein. passare, entlehnet ist, und nur im gemeinen Leben gebraucht wird, wo es in doppelter Gattung vorkommt.

1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, reisen, wandern, gehen.

1) Überhaupt, wo es mit verschiedenen Vorwörtern gebraucht wird. Durch einen Ort passieren, durch denselben reisen. In die Stadt passieren, in die Stadt reisen. Über einen Fluß passieren, setzen. Vorbey passieren. Wo es denn auch ohne Vorwort mit der vierten Endung gebraucht wird. Einen Ort passieren, durch denselben auf seiner Reise kommen. Man kann die Gasse vor Menschen nicht passiren, nicht durch dieselbe kommen. Daher die Zusammensetzungen durchpassieren, einpassieren, auspassieren.

2) In engerer Bedeutung, seine Reise, seinen Weg fortsetzen. (a) Eigentlich. Er kann passieren, er kann seinen Weg fortsetzen. Einen Reisenden, einen Wagen, eine Waare nicht passieren lassen, sie auf dem Wege anhalten. (b) Figürlich. α) Das kann passieren, ist erträglich, mittelmäßig. Das laß ich passieren, das laß ich gelten, dawider habe ich nichts einzuwenden. β) Für etwas passieren, gehalten werden. Er passieret für einen ehrlichen Mann. Er passieret noch für einen Junggesellen.[667] Er will für einen reichen Mann passieren. γ) Geschehen, sich zutragen. Was passieret neues? Es ist ein rechter Spaß passieret. Schreiben sie mir doch was passieret, was vorgehet.

2. Als ein Activum, passieren machen, d.i. zubringen; doch nur in den niedrigen Sprecharten, besonders von der Zeit und dem menschlichen Leben. Die Zeit passieren, mit etwas zubringen. Die Zeit mit Lesen, mit Spielen passieren. Sein Leben mit Herumreisen passieren.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 667-668.
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