Pflanze, die

[733] Die Pflanze, plur. die -n, Diminut. das Pflänzchen, Oberd. das Pflänzlein, ein Wort, welches im gemeinen Leben in einem andern Verstande gebraucht wird, als in der Naturgeschichte.

1. Im gemeinen Leben pflegt man, 1) überhaupt alle Erdgewächse, welche eigentlich so genannte Blätter oder Kraut haben, Pflanzen zu nennen, da denn dieses Wort mit Kraut gleichbedeutend ist, und alle Gewächse in sich begreift, welche nicht Bäume, Sträuche, Moose und Schwämme sind. Zuweilen werden auch noch die Grasarten von den Pflanzen ausgeschlossen. 2) In der engsten und gewöhnlichsten Bedeutung ist die Pflanze ein junges Gewächs dieser Art, doch auch oft mit Einschluß der ganz jungen und kleinen aus der Erde hervor sprossenden Bäumchen, besonders so fern sie verpflanzet werden sollen. Kohlpflanzen, Salatpflanzen. Pflanzen stecken. Eine Pflanze versetzen. Die Pflanze bekleibt nicht. S. Pflänzling. Figürlich pflegt man auch wohl Kinder Ehepflanzen, Ehepflänzchen und Ehepflänzlein zu nennen.

2. In der Naturgeschichte nimmt man dieses Wort in dem weitesten Umfange der Bedeutung, indem man alle natürliche organisirte Körper, welche ein Leben ohne Empfindung, oder doch ohne eine mit Bewußtseyn verbundene Empfindung haben, Pflanzen zu nennen pflegt, so daß alle Bäume, Sträuche, Moose und Schwämme dahin gerechnet werden.

Anm. Dieses Wort lautet in der engsten Bedeutung eines jungen Erdgewächses in den Monseeischen Glossen Phlanzu, im Schwed. Planta, im Französ. Plante, im Engl. Plant, im Lat. Planta, von welchem letztern es doch nur ein Seitenverwandter zu seyn scheinet. Die Abstammung ist nicht leicht, weil der erste ursprüngliche Begriff dieses Wortes noch dunkel ist. So fern es anfänglich Früchte tragende Gewächse, und in engerer Bedeutung Getreide bedeutet hat, könnte man es zu dem alten Blat, Angels. Blada, im mittlern Lat. Bladum, Französ. Bled, Blé, rechnen; denn das n ist in vielen Fällen ein müßiger Nasenlaut. Wäre aber, wie es fast scheinet, der Begriff der Kleinheit, oder, welches nicht minder Wahrscheinlichkeit hat, der Begriff des organischen Lebens der erste, so müßte man den Stamm freylich wo anders aufsuchen, S. auch das folgende. Im Nieders. heißt eine Pflanze, so fern es ein junges Gewächs, oder ein junges Bäumchen, welches verpflanzt werden soll, bedeutet, Pate, und paten pflanzen, welches mit dem Griech. φυτος und φυτευειν sehr nahe verwandt ist, S. Impfen, welches daraus zusammen gezogen ist, nicht aber, wie Wachter will, von den Niedersachsen in paten verderbt worden. Das Lat. Planta, so fern es die Fußsohle bedeutet, ist ein von Planta, Pflanze, ganz verschiedenes Wort, und gehöret augenscheinlich zu unserm Blatt und platt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 733.
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