Pforte, die

[750] Die Pforte, plur. die -n, Diminut. das Pförtchen, Oberd. Pförtlein, die Öffnung, durch welche man aus- oder eingehet. 1) Im engsten Verstande, die Öffnung an einem Gebäude, durch welche man aus- und eingehet, wo es eigentlich eine allgemeine Benennung ist, welche alle besondere Arten unter sich begreift. Am Niederrheine und in einigen Oberdeutschen Gegenden werden auch noch jetzt alle Thore und Thüren mit dem Nahmen der Pforten belegt. Gehet ein durch die enge Pforte, denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Verdammniß führet, Matth. 7, 13. Im Hochdeutschen hingegen führen in dem gemeinen Sprachgebrauche nur kleinere Thore oder Thüren neben den größern, Nebenthore oder Nebenthüren, den Nahmen[750] der Pforten oder Pförtchen. So ist in den Städten die Pforte oder das Pförtchen ein kleineres Nebenthor für Fußgänger. Auch in den Gärten, neben den Thorwegen, in den Häusern u.s.f. hat man zuweilen solche Pforten. In der höhern und dichterischen Schreibart hingegen wird es noch häufig auch von großen und prächtigen Thoren oder Thüren gebraucht, welche Bedeutung auch in dem zusammen gesetzten Ehrenpforte Statt findet. Die Pforten am Pallaste, Nehem. 2, 8. 2) In weiterer Bedeutung, ein jeder Ort, durch welchen man zu einem andern gelanget. So wurden die Pässe oder Clausen, d.i. die engen und hohlen Wege aus einem Lande in das andere, ehedem häufig Pforten genannt. Ein Hafen hieß ehedem eine Meerpforte. In der Deutschen Bibel kommen auch die figürlichen Ausdrücke die Pforte des Grabes, des Himmels, der Hölle vor. Jetzt ist es in dieser weitern Bedeutung noch in dem zusammen gesetzten Stückpforte oder Geschützpforte am üblichsten, die mit einer Klappe verschlossenen Öffnungen am Schiffe zu bezeichnen, in welchen die Kanonen mit ihren Mündungen liegen. S. Pfortader. 3) Figürlich, doch nur in dem Ausdrucke die Ottomannische Pforte, worunter eigentlich der Pallast des Türkischen Kaisers, dann dessen Hof, oder der Türkische Kaiser mit seinen vornehmsten Hof- und Staatsbedienten, und endlich auch das ganze Türkische Reich verstanden wird, und wofür man auch nur schlechthin die Pforte sagt. Die Groß-Sultane legen sich und ihrem Hofe diese Benennung in allen ihren Ausfertigungen mit allerley schwülstigen Beywörtern, z.B. der glänzenden, der erhabenen Pforte u.s.f. selbst bey, worauf sie auch in den meisten Europäischen Sprachen beybehalten worden. Der Ursprung ist noch ungewiß. Herbelot behauptet zwar, Pforte bedeute bey allen Morgenländern den Hof eines Fürsten, welches doch andere nur allein von Persien zugeben, von welchem Reiche es schon im Daniel und Xenophon vorkommt. Indessen ist es wohl gewiß, daß die Figur von der Pforte oder dem Thore des Pallastes entlehnet worden, zumahl da in den ältern Zeiten in den Morgenländern alle wichtige Staats- und Gerichtsgeschäfte öffentlich in den Thoren verhandelt wurden, wie in einigen Gegenden noch üblich ist.

Anm. Dieses Wort lautet schon im Isidor Porta, im Tatian Phorta, und bey dem Notker Porto, im Nieders. Poorte, im Schwed. Port, im Franz. Porte. Es kommt mit dem Lat. Porta genau überein, ohne eben von demselben abzustammen, indem es entweder den allgemeinen Begriff der Öffnung hat, und alsdann ein Verwandter von bohren, Börse, Sporta u.s.f. ist, oder auch von fahren, in dessen weitesten Bedeutung, abstammet, und einen Ort bezeichnet, durch welchen man fähret, d.i. sich beweget. Wenn es, dem Frisch zu Folge, an einigen Orten das Gefängniß bedeutet, so wird damit wohl auf den noch in vielen Städten üblichen Gebrauch gesehen, die Gefängnisse über den Stadtpforten oder Thoren anzulegen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 750-751.
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