Rösten (1)

[1170] 1. Rȫsten verb. reg. act. welches das Factitivum des vorigen ist, und eigentlich das verwesen machen bedeutet, aber nur von dem geringsten Grade der Verwesung, der mehr in einem mürbe werden bestehet, in der Landwirtschaft üblich ist. Man röstet das[1170] abgehauene oder abgeschnittene Getreide, wenn man es einige Tage auf dem Schwaden liegen läßt, damit es von dem Thaue oder Regen befeuchtet werde, und sich hernach desto besser dreschen lasse, wo das Wort in Meißen auch röschen lautet. Noch häufiger röstet man den Flachs, wenn man ihn, nachdem er gerauft worden, so lange in der Feuchtigkeit liegen läßt, bis der äußere Bast mürbe wird, und sich gewisser Maßen zerreiben läßt. Dieses Rösten geschiehet entweder so, daß man ihn verschiedene Nächte auf einer Wiese ausbreitet, damit er von dem Thaue benetzet und gebeitzet werde, oder auch dadurch, daß man ihn in Haufen in einen Fluß oder Teich leget, und oben mit schweren Körpern beleget. Flachs rösten, Hanf rösten. Der Flachs ist genug geröstet. So auch das Rösten.

Anm. Im Nieders. besonders in der letzten Bedeutung, röthen und raten. Da die Wirkung, welche das Rösten hervor bringet, der erste Grad der Verwesung ist, so ist wohl überwiegend wahrscheinlich, daß dieser Begriff hier der herrschende ist, daher auch völlig verwesen, im Nieders. intensive, mit dem verdoppelten t, rotten heißt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1170-1171.
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