Rüsten

[1219] Rüsten, verb. reg. act. welches, 1. überhaupt so wohl zubereiten als auch die nöthigen Anstalten zu etwas machen, bedeutet, in welchem Verstande es bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern sehr häufig ist, und auch noch jetzt im Oberdeutschen gebraucht wird. Zum Essen, zum Tische rüsten, so wohl die Speisen zubereiten, als auch den Tisch in Ordnung bringen. Die Zimmer rüsten, die Meudlen in Ordnung stellen, das Zimmer reinigen u.s.f. Zum Feste rüsten, zu einem Schauspiele rüsten u.s.f. welches lauter im Oberdeutschen übliche R.A. sind. Das Erdreich rüsten, in der Schweiz, es pflügen, es zur Empfangung des Samens geschickt machen. Die Wolle der Herde zur Arbeit zu rüsten, zuzubereiten, Geßn. Im Hochdeutschen gebraucht man es am häufigsten, 2. in einigen engeren Bedeutungen. 1) Mit dem nöthigen Geräthe zu etwas versehen. Er rüstete ihn mit köstlichem Geschmeide, Sir. 45, 10; wofür man doch lieber das zusammen gesetzte ausrüsten gebraucht. Sich zur Reise rüsten. In noch engerer und gewöhnlicher Bedeutung, mit den nöthigen Waffen, mit den nöthigen Vertheidigungsmitteln versehen. Im Oberdeutschen rüstet man einen Soldaten, wenn man ihn so wohl mit dem Gewehre, als mit der Montur versiehet. Im Hochdeutschen ist es als ein Reciprocum, von Staaten, Kriegsheeren u.s.f. am üblichsten, die zu einem Kriege nöthigen Anstalten vorkehren. Sich zum Kriege, zum Treffen rüsten. Sich wider jemand rüsten. Sich zur See, zu Lande rüsten. Frankreich rüstet sich, aber man weiß nicht, wider welche Macht, macht Anstalten zum Kriege. Ingleichen figürlich in der höhern Schreibart. Widrigen Schicksalen ein mit Geduld gerüstetes Herz entgegen stellen.


So groß ist nur ein Herz, was Lehren Gottes rüsten,

Dusch.


2) Bey den Werkleuten ist rüsten absolute und als ein Neutrum, ein Bangerüst machen. Morgen wird gerüstet. Wo man auch die Zusammensetzungen aufrüsten, ein Gerüst aufbauen, abrüsten, es abbrechen u.s.f. gebraucht. Im Bergbaue rüstet man, wenn das Gestell eines Haspels über den Schacht gesetzet[1219] wird, welches in dieser Betrachtung auch überrüsten heißt. Im Oberdeutschen scheinet es in noch weiterer Bedeutung für bauen überhaupt üblich zu seyn. Wenigstens heißt es bey dem Opitz:


Hier pflegt in stiller Ruh der Sperling aufzurüsten.


Daher das Rüsten und die Rüstung, S. das letztere hernach besonders.

Anm. Bey dem Ottfried rustan und girustan, für zubereiten, bereiten überhaupt, im Schwed. rusta. Wachter sahe es sehr unwahrscheinlich als ein durch Versetzung der Buchstaben aus dem Latein. struere gebildetes Wort an, Frisch aber leitete es von riesen, in die Höhe steigen, sich erheben, her, welches in Ansehung der letzten engern Bedeutung angenommen werden könnte, aber für die weitere zu enge ist. Das st verräth nicht undeutlich ein Intensivum, da denn das Stammwort freylich reisen oder reiten ist, welches hier entweder eine Bewegung überhaupt, oder im engern und eigentlichen Verstande, eine mit Geräusch verbundene Bewegung bedeutet, welche mit dem Rüsten und Zurüsten gemeiniglich verbunden ist. Im Niedersächsischen ist Ruse so wohl Geräusch, als auch eine Menge mehrerer Dinge ohne Wahl und Ordnung, und das Schwed. rusta bedeutet nicht nur rüsten, sondern auch ein Geräusch machen, toben, brausen. Und hieraus läßt sich auch das zusammen gesetzte entrüsten erklären, wo die Partikel ent einen Anfang bezeichnet, wie in entbrennen, entstehen u.s.f. so daß sich entrüsten nichts anders ist, als anfangen zornig zu werden, zu brausen. Reiten in bereiten, und Geräth gehören, so wie richten in einigen Bedeutungen, gleichfalls zu unserm rüsten, so wie das Arab. Rüst, eine Reihe, resed, rüst, ordnen, richten, zunächst von reisen, sich in die Länge erstrecken, abzustammen scheinet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1219-1220.
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