Roche (2), der

[1137] 2. Der Róche, des -n, plur. die -n, ein Nahme, welchen im Schachspiele der fünfte und äußerste Stein unter den Officieren führet, und deren in jedem Spiele zwey sind. Der Nahme dieses Steines ist im Deutschen so alt, als das Spiel selbst, und da dieses aus den wärmern Morgenländern zu uns gekommen, so muß der Nahme auch dort aufgesucht werden, daher die meisten Erklärungen desselben theils erweislich unrichtig, theils aber auch sehr gewagt sind. Heut zu Tage stellet man den Rochen unter dem Bilde eines Thurmes vor, und da hat man freylich Spuren genug, daß Roch ehedem nicht nur einen Thurm, sondern auch eine jede Masse von beträchtlicher Höhe bedeutet habe, wohin auch das Angels. Rocca, ein Schloß, das Französ. Roche, ein Felsen, gehören, S. 1. Rocken. Vermuthlich sind die Italäner und Franzosen durch das Wort Roche verleitet worden, einen Thurm daraus zu bilden, so wie die Deutschen aus ähnlicher Verleitung einen Elephanten, die Russen aber einen Nachen, und die Engländer eine Krähe (Rook, S. das vorige) daraus gemacht haben. Allein, da das Schachspiel ein Bild der ältesten Süd-asiatischen Kriegskunst ist, so ist weit glaublicher, daß dieser Stein entweder den Elephanten, wie er auch bey einigen in diesem Spiele wirklich heißt, oder, wie Hyde will, das Dromedar bezeichne, indem der Läufer in unserm Schachspiele eigentlich der Elephant der Morgenländer seyn soll. Indessen finden sich doch auch Beweise, daß der Elephant ehedem im Deutschen der Roche genannt worden,[1137] wovon Frisch eine Stelle aus Lirers Schwäbischen Chronik anführet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1137-1138.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: