Ruhr, die

[1206] Die Ruhr, plur. die -en, von dem Zeitworte rühren. 1) Die Handlung des Rührens; ohne Plural, und nur noch in einigen einzelnen Fällen. So wird das Stranden eines Schiffes, wenn es den Grund berühret, auf den Grund stößt, in einigen Gegenden die Grundruhr genannt. In dem Landbaue ist die Ruhr die zweyte, und in einigen Gegenden die dritte Arbeit zur Wintersaat, S. Rühren. In den Weinbergen wird die letzte Hacke oder Behackung in einigen Gegenden die Ruhr genannt. Siehe auch Ausruhr. 2) Dasjenige, was gerühret wird; auch nur in einigen Fällen. So heißt an der Falkenbeitze der lebendige Vogel, welchen man in der Hand flattern oder sich rühren läßt, um dadurch den Falken an sich zu locken, die Ruhr. Auch bey den Vogelstellern führet der Ruhrvogel diesen Nahmen, S. dieses Wort. 3) Eine Krankheit bey Menschen und Thieren, welche in einem ungewöhnlich heftigen und dünnen Bauchflusse bestehet, wo man ehedem einen jeden Bauchfluß, und sogar das Laxiren die Ruhr nannte. Die weiße Ruhr, ein solcher Bauchfluß von gewöhnlicher Farbe, wo die verdaueten Speisen dünn und wässerig fortgehen, und der bey Menschen am häufigsten der Durchfall, Durchlauf, die Diarrhee genannt wird. Die rothe Ruhr, welche auch nur die Ruhr schlechthin genannt wird, wenn unter empfindlichen Schmerzen Blut mit abgehet; die Dysenterie, von dem Griech. und Lat. Dysenteria.

Anm. In dem letzten Falle gehöret es zunächst zu der veralteten Bedeutung des Zeitwortes rühren, da es auch für fließen gebraucht wurde, so daß Ruhr eigentlich den Fluß, und in engerm Verstande den Bauchfluß bedeutet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1206.
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