Stroh, das

[452] Das Stroh, des -es, plur. car. ein Collectivum, die Halme des reifen Getreides, besonders die Halme, welche von dem ausgedroschenen Getreide übrig bleiben, und in weiterm Verstande auch die übrig bleibenden Halme anderer Feldfrüchte; Rockenstroh, Gerstenstroh, Haferstroh, Dinkelstroh, Weizenstroh, Erbsenstroh, Wickenstroh, Bohnenstroh, u.s.f. Wenn Stroh allein stehet, so verstehet man darunter gemeiniglich Roggenstroh, Schüttenstroh, welches aus langen geraden Halmen bestehet, und in Schütten gebunden wird; zum Unterschiede von dem Wirrstroh, Krummstroh oder Rittstroh, welches aus zerknickten und verworrenen Halmen bestehet. Ein Haus mit Stroh decken. Auf dem Strohe schlafen, auf bloßem Strohe. Ein Bund Stroh. Leeres Stroh dreschen, eine unnütze Arbeit verrichten. Figürlich bezeichnet Stroh in einigen Fällen auch eine gewisse bestimmte Menge. So ist in der Landwirthschaft, Ein Stroh Garben, fünf bis sechs Garben, vermuthlich so fern ihrer so viel mit einem Strohseile zusammen gebunden und zum Vorschlagen auf die Tenne getragen werden. In Bremen, Hildesheim und den Seestädten ist Ein Stroh Bücklinge, eine gewisse Zahl zusammen in Stroh gepackter oder mit Stroh zusammen gebundener Bücklinge. Zwanzig Stroh machen eine Last Bücklinge.

Anm. Schon bey dem Notker Stroh, in den gemeinen Mundarten Strau, im Schwed. Strå, im Angels. Streow, Streu, im Engl. Straw, im Lateinischen mit einem andern Endlaute Stramen. Entweder von streuen, weil es von den ältesten Zeiten an zum Unterstreuen gebraucht worden, oder auch unmittelbar von dem Geräusche, welches das Stroh in der Behandlung macht, und welches dem Laute ähnlich ist, welcher mit dem Streuen verbunden ist, in welchem Falle beyde Wörter nur Seitenverwandte seyn würden.[452] Im gemeinen Leben mancher Provinzen macht man von Stroh ein neues Collectivum das Geströhde für Stroh, oder Stroh aller Art.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 452-453.
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