Stube, die

[461] Die Stube, plur. die -n, Diminut. das Stübchen, Oberdeutsch Stüblein. 1. Im weitesten Verstande, ein eingeschlossener Raum, ein Ort, Wohnort, ein bedeckter Ort, sich darin aufzuhalten, und ein Theil desselben, ein Gemach. Im Angels. ist Stov, Stowa, eine Wohnung, und ein jeder Ort; im Fries. Sto, Stev, Stef, eine Hütte, eine Wohnung, ein Haus, daher im Nieders. Warensteve und Warendstew, einen Vormund, eigentlich einen Haushofmeister bedeutet, Engl. umgekehrt Steward. In dieser weitern Bedeutung ist es im gemeinen Sprachgebrauche veraltet, und nur noch in einigen einzelnen Fällen üblich. So ist z.B. die Radstube, der eingeschlossene Raum, das Behältniß, worin sich das Rad einer Wasserkunst befindet, die Glockenstube, der Ort wo die Glocken[461] hangen, die Brunnenstube, ein Gebäude über einem Brunnen. In noch weiterm Verstande eines Behältnisses, eines Gefäßes kommt es in Feuerstube und dessen Diminut. Feuerstübchen, eine Feuergieke, vor, und in dem veralteten Stube, ein Gefäß, wovon noch das vorige Stübchen übrig ist. 2. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung ist die Stube ein Gemach in einem Hause von mittlerer Größe, welches vermittelst eines Kamins oder Ofens geheizet werden kann; bey den Schwäbischen Dichtern die Stuven, im Nieders. Stave, Stauve, Stuve, im Angels. Stova, im Engl. Stew und Stove, im Schwed. Stufva, im Ißländ. Stufa, im Ital. Staffa, im Franz. Etuves, im Span. Estufa, Wend. Stiva. Die Wohnstube, Gaststube, Putzstube, Kinderstube, Krankenstube, Rathsstube, Schreibestube, Studierstube, Trinkstube, Wachstube u.s.f. Besonders eine Wohnstube. Auf der Stube, oder in der Stube seyn. Immer auf der Stube sitzen, die Stube hüthen. Eine warme Stube haben. Stube und Kammer. Stube bedeutet eigentlich dasjenige Gemach in einem Hause, welches man gewöhnlich bewohnet, und weil dieses in den nördlichen Ländern im Winter geheizet wird, so ist es nachmals von allen solchen Gemächern, besonders gemeiner Art gebraucht worden, daher man in der edlern Sprechart dafür lieber das allgemeinere Zimmer oder Wohnzimmer gebraucht. Überdieß wird ein großes Gemach dieser Art, wenn es gleich geheizet werden kann, nicht Stube, sondern Saal genannt. 3. In noch engerm Verstande wurde ehedem eine Badstube nur eine Stube schlechthin genannt, in welchem Verstande schon Stuffa bey dem Paladius vorkommt, obgleich die Leseart hier noch verdächtig ist. Daher wurden die Bader in den vorigen Jahrhunderten nur die Stübler, Stüberer, Stübner genannt. Jetzt werden die Ausdrücke Badstube und Barbierstube noch oft von der Gerechtigkeit gebraucht, das Baden und Barbieren als Meister ausüben zu dürfen.

Anm. Die zweyte engere Bedeutung hat die meisten Wortforscher verleitet, den Begriff der Wärme für den Stammbegriff anzusehen, und es von dem Nieders. stöven, in einem verschlossenen Topfe kochen, dämpfen, und von dem Ißländ. Stoo, ein Feuerherd anzusehen. Allein, stöven ist selbst nur eine Figur von stauen, und hat nichts von dem Begriff des Feuers in sich, so wie das Ißländ. Stoo, nur eine Ellipsis für Eldsto, Feuerstätte ist. Kurz, Stube bedeutet eigentlich einen jeden Wohnort, eine jede Wohnung, ist von Statt, Stätte, Stand u.s.f. nur im Endlaute verschieden, und stammet mit diesen von stehen, ab. Im Schwed. ist Stö und im Ißländ. Sto, ein jeder Ort. S. auch Stauf, Stübchen und Stübich, welche nahe damit verwandt sind.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 461-462.
Lizenz:
Faksimiles:
461 | 462
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika