Unterthänig

[930] Unterthǟnig, -er, -ste, adj. et adv. von dem vorigen Hauptworte. 1. Eigentlich, ein Unterthan seyend, ingleichen in dem Zustande eines Unterthans gegründet. 1) In der ersten Bedeutung des Hauptwortes, wo alle diejenigen unterthänig heißen, welche einem Grundherren mit Leibeigenschaft oder Frohndiensten verbunden sind. Unterthänige Bauern, Hintersassen. Unterthänige Städte, in einigen Gegenden, deren Einwohner zu Frohndiensten[930] verpflichet sind. Jemanden unterthänig seyn, in welchem Verstande unterthan nicht üblich ist. Von der Verbindlichkeit gegen einen bloßen Gerichtsherren scheint es nicht gangbar zu seyn. 2) In der zweyten Bedeutung des Hauptwortes, jemanden als der höchsten Obrigkeit unterworfen. Die Moabiter wurden David unterthänig, 2 Sam. 8, 2. Jojakim ward dem Nebucadnezar unterthänig, 2 Kön. 24, 1. Nach der Wirkung, damit er kann auch alle Dinge ihm unterthänig machen, Phil. 3, 21. In dieser Bedeutung wird es wenig mehr gebraucht; indem dafür in der Adverbial-Form noch zuweilen unterthan, noch häufiger aber in beyden Formen unterwürfig gebraucht wird. 2) In weiterer Bedeutung ist es ein sehr gewöhnlicher Ausdruck der gesellschaftlichen Höflichkeit, welchen man aus Ehrerbiethung von sich gegen sehr vornehme Personen gebraucht, auch wenn man ihnen auf keinerley Weise unterwürfig ist; und dieß ist auch der einzige Fall, in welcher die Comparation üblich ist. Ich bitte unterthänig oder unterthänigst. Meine unterthänige Bitte, Gesinnung u.s.f. Ew. Excellenz unterthäniger, oder in einem noch höhern Grade des Abstandes, unterthänigster Diener, in Briefen. Man gebraucht es, wie gesagt, von sich gegen sehr hohe Personen, gegen welche man gehorsam und gehorsamst, noch für zu geringe hält. Aber unterthänigst-gehorsamst mit einander zu verbinden, wie von vielen geschiehet, ist auch um deßwillen unschicklich, weil gehorsam weniger sagt, als unterthänig, und daher dieses gewisser Maßen wieder aufhebt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 930-931.
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