Viertel, das

[1209] Das Viertel, (sprich Virrtel,) des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. Viertelchen, ein aus vierte Theil zusammen gezogenes Wort, daher es auch noch von einigen Viertheil geschrieben wird, der vierte Theil eines Ganzen. Ein Viertel eines Kalbes, oder von einem Kalbe, ein Kalbesviertel. Ein Viertel von der Erbschaft. Die Stadt wird in vier Viertel getheilet. Ein Viertel, zwey Viertel, wofür man lieber ein halbes sagt, drey Viertel. Einige Hauptwörter werden diesem Worte in Appositione ohne Merkmahl des Genitivs beygefügt. Ein Viertel Huhn, d.i. von einem Huhne. Besonders, wenn es ein Maß bedeutet. Ein Viertel Wein, Gerste, Bier u.s.f. Mit manchen Hauptwörtern aber wird es auch zusammen gezogen, welches doch nicht mit allen angehet. Eine Viertelstunde, Viertelelle, Viertelmeile u.s.f. Siehe die folgenden.

Sind die Hauptwörter sehr bekannt, so bleiben sie auch wohl gar weg, da denn Viertel absolute stehet. Der Mond ist im ersten Viertel; es ist heute das zweyte Viertel, wo man nicht halb oder die Hälfte sagt: das dritte Viertel. S. Mondsviertel. Es ist ein Viertel auf drey, d.i. eine Viertelstunde nach zwey; drey Viertel auf vier. Für zwey Viertel auf vier aber sagt man halb vier.

Besonders bezeichnet Viertel, wenn es absolute stehet, in vielen Gegenden sowohl ein Maß flüssiger, als trockner Dinge, wo es aber doch allemahl der vierte Theil eines größern ist. Ein Viertel Wein ist der vierte Theil eines Maßes oder einer Bouteille. In manchen Weinländern hingegen ist das Viertel der vierte Theil eines Eimers. In Cöln und andern Orten scheint ein Viertel so viel, als ein Stübchen zu seyn, weil es daselbst vier Maß hält, so wie es in Danzig 51/2 Stoff in sich fasset. In Osnabrück hat eine Tonne Bier 27 Viertel, ein Viertel aber vier Kannen.

Besonders als ein Getreidemaß, den vierten Theil eines größern Maßes zu bezeichnen, da denn dieses größere Maß nach Maßgebung der Provinzen verschieden ist. In Böhmen ist das Viertel der vierte Theil eines Striches, und hält daselbst 48 Seidel; in Österreich ist es der vierte Theil einer Metze, so daß es 2 Achtel hält, 120 Viertel aber ein Muth ausmachen; in Augsburg der vierte Theil eines Vierlinges, wo 4 Vierlinge oder 16 Viertel eine Metze machen; in Zürich der vierte Theil eines Mütts; in Thüringen der vierte Theil eines Malters, so daß[1209] es daselbst drey Scheffel hält; in Niedersachsen aber der vierte Theil eines Scheffels, wo es in der dasigen Mundart nur Veert, Viert lautet.

Anm. Im Schwabenspiegel Viertail, im Niedersächsischen Veeredeel, Varndeel, Veerdel, Vertel, Veertjen, im mittlern Lat. Ferdella, Fertellus, Fertella, Firtala, welche alle von verschiedenen Arten von Maßen vorkommen. Mit andern Abtheilungssylben werden auch Viering, Vierding, (Nieders. Veerding, Verth, im mittlern Lat. Ferto,) für Viertel gebraucht. In der edlern Schreibart schreibt man häufiger Viertheil, und manche, besonders Oberdeutsche Mundarten, sprechen auch so, obgleich im Hochdeutschen die verkürzte Aussprache am üblichsten ist. In Nieder-Deutschland wird für Viertel auch Ort, und in andern Gegenden die aus dem Lateinischen entlehnten Quart und Quartier gebraucht, S. diese Wörter. S. auch Viertheilen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1209-1210.
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