Waschen

[1396] Wáschen, verb. irregul. ich wásche, du wschest, er wschet, oder wäscht; Imperf. ich wusch, Conj. wǖsche; Particip gewáschen. Es ist sowohl act. als neutr. und bekommt im letztern Falle das Hülfswort haben. Es wird in zwey verschiedenen, nur zufällig verwandten Bedeutungen, gebraucht.

1. Unbedeutende Sachen mit einer vorzüglichen Geläufigkeit der Zunge vertragen; im verächtlichen Verstande, wodurch es sich von schwatzen, plaudern u.s.f. unterscheidet. Das Verächtliche hat seinen Grund in der Onomatopöie, welche den niedrigsten Grad der Schwatzhaftigkeit nachahmet. Er thut nichts, als waschen. Was für ein Gemisch von Verstellung, Heucheley und Unsinn waschen sie mir da vor? Wer immer waschen will, Opitz. S. auch Gewäsch.

2. Vermittelst des Wassers reinigen, welches wieder auf verschiedene Art geschehen kann. (a) Durch Reiben mit Wasser oder einem ähnlichen flüssigen Körper; welches die gewöhnlichste Bedeutung ist, zum Unterschiede von spühlen, schwemmen, schlämmen u.s.f. Die Hände waschen, sich die Hände waschen. Sich waschen. Das leinene Geräth, das Küchengeschirr u.s.f. waschen. Das hat sich gewaschen, in den niedrigen Sprecharten, das ist vortrefflich. Einem den Kopf waschen, ihm einen derben Verweis geben; auch wohl, ihn raufen, prügeln, S. Kopf. (b) Das Unreine oder Schlechtere von dem Reinen oder Bessern vermittelst des Wassers trennen, da denn eines von beyden auf den Boden sinkt, welches sonst Schlämmen, oft aber auch Waschen, genannt wird. So wäschet man im Hüttenbaue die gepochten Erze, wenn das taube Gestein von dem Wasser fortgeführet wird. Auf ähnliche Art waschen die Bäcker den Weitzen, wenn die guten Körner von den leichten, vermittelst des Wassers, in einem Siebe geschieden werden. (c) Im Reißen und Zeichnen ist waschen nach dem Französischen laver, eine aufgetragene Farbe mit Wasser vertreiben. Eine gewaschene Zeichnung.

So auch das Waschen, und, in einigen Fällen, die Wäsche.

Anm. Schon im Kero uuasken, im Tatian uuasgan, bey dem Ottfried uuasganne, bey dem Notker uuaschen, im Niederdeutschen wasken, im Engl. to wash, im Schwed. vaska. Nimmt man den verstärkten Zischlaut weg, so würde das einfachere wagen übrig bleiben, welches auf das veraltete zwagen führet, welches sich von waschen bloß dadurch unterscheidet, daß der verstärkende Laut hier voran gesetzt worden. Dieses zwagen, oder auch twagen, kommt in unsern alten Schriften häufig vor, und ist in einigen Oberdeutschen Mundarten noch gangbar. Indessen gründet sich dieser ganze Bau des Wortes, waschen, auf eine unmittelbare[1396] Onomatopöie, welche in demselben nicht leicht zu verkennen ist, und welche auch in dem Worte Wasser herrschet, ohne daß deshalb waschen mit Bewußtseyn und Vorsatz von Wasser sey abgeleitet worden, wie gemeiniglich behauptet wird. Aus eben derselben Onomatopöie muß man auch die Erscheinung erklären, daß sich zwey so verschiedene Begriffe, als der des Plauderns, und der des Reinigens mit Wasser sind, in diesem Worte zusammen gefunden haben. Gemeiniglich siehet man die erste Bedeutung als eine Figur der letztern an; und in dem weitesten Verstande einer Figur kann sie es seyn. Allein, da die Ähnlichkeit hier bloß auf der Gleichheit des Lautes beruhet, so müssen beyde Bedeutungen vielmehr als gleichzeitig, und von einander unabhängig, betrachtet werden, wie in tausend andern Fällen ohnehin geschehen muß. Selbst im Arabischen ist washwascha murmeln, und Waschwa eine verworrene Rede. In waschen, plaudern, und dem ähnlichen schwatzen liegen einerley Wurzeln zum Grunde, nur daß in dem letztern die Verstärkung vorn und hinten zugleich angebracht worden. Übrigens ist in dem Präsenti, ich wasche, im Participio, gewaschen, und in dem Imperativo, wasche, das a geschärft, dagegen im Imperfecte, ich wusch, ich wüsche, das u gedehnt lautet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1396-1397.
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