Weinen

[1457] Weinen, verb. regul. neutr. & act. 1. Eigentlich, Thränen vergießen. Sowohl als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. Sich des Weinens nicht enthalten können. Jemanden weinen machen. Über etwas weinen. Vor Freude, vor Betrübniß weinen.


Er klagt und weint in ihre Klagen,

Gell.


Und wer bey dem Gefühl der Unschuld fühllos scheinet,

Ist werth, daß auf sein Grab nie ein Gerechter weinet,

Weiße.


Ingleichen von den Augen. Sein Auge weint. Mit weinenden Augen, vielleicht besser mit nassen, mit Thränen in den Augen. Als auch als ein Activum, mit dem Accusativ der Thränen, oder was ihre Stelle vertritt. Bittere Thränen weinen. Man möchte Blut weinen. 2. Figürlich, Tropfen rinnen lassen, nur in einigen Fällen. So sagt man von dem Weinstocke, wenn er beschnitten worden, daß er weine, oder thräne, da man denn auch die Tropfen, welche er rinnen läßt, Thränen zu nennen pflegt. So auch das Weinen.

Anm. Schon im Ottfried weinan, im Niederdeutschen wenen, im Isländ. weina, bey dem Ulphilas queinan, im Angels. vanian, im Schwed. venga. Dem heutigen Sprachgebrauche nach bezeichnet es bloß die Vergießung der Thränen; allein das schon gedachte Gothische queinan bedeutete lamentari. Wäre dieses die ursprüngliche Bedeutung, so würde es eine Onomatopöie des mit dem Weinen oft verbundenen Lautes seyn, welches auch das davon abgeleitete winseln zu bestätigen scheinet. In den gemeinen Sprecharten hat man sehr viele Ausdrücke, theils weinen überhaupt, theils mit einem gewissen Laute weinen, zu bezeichnen; wohin theils flennen, theils die Oberdeutschen zannen, greinen, granen, theils die Niederdeutschen liren, wupen, ninneln, u.s.f. gehören.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1457.
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