Zehren

[1668] Zehren, verb. regul. neutr. mit dem Hülfsworte haben. 1. * Essen; eine längst veraltete Bedeutung, in welcher in einigen Oberdeutschen Gegenden noch das Abendzehren, Mittagszehren u.s.f. für Abendessen, und Mittagsmahlzeit üblich ist. 2. In weiterer Bedeutung, Speise und Trank zur Unterhaltung des Lebens zu sich nehmen; nur in solchen Fällen, wo die Art und Weise, und besonders die dazu nöthigen Mittel, bezeichnet werden. Von seinen Renten, von dem Seinigen zehren. Von der Schnur zehren, im gemeinen Leben, von seinem Capitale, so daß dasselbe durch die Bedürfnisse vermindert wird; wo die Figur freylich dunkel ist, S. Schnur. Auch in dieser Bedeutung wird es, die letzte R.A. ausgenommen, im Hochdeutschen immer seltener, indem man dafür lieber das allgemeinere leben gebraucht. 3. In engerer Bedeutung, bey einem Wirthe für Geld essen und trinken. Bey einem Wirthe zehren. Für sein Geld, auf anderer Leute Kosten zehren. 4. Figürlich. (a) Der Wein, der Thee das Wasser zehret, macht den Menschen mager; ingleichen, erweckt Appetit zum Essen. Der Wein zehret, aber das Bier nähret. S. auch Abzehren, Auszehren. (b) Vermindert werden, sich verzehren, besonders von flüssigen Dingen, wenn sie durch Ausdünstung, oder vielleicht auch durch den Bodensatz abnehmen. Der Wein zehret im Fasse, daher muß er von Zeit zu Zeit nachgefüllet werden.

Daher das Zehren, und die Zehrung. S. letzteres an seinem Orte.

Anm. Im Oberd. bey dem Notker u.s.f. zeran, im Nieders. teren. Bey dem Ulphilas ist tairan, und im Wendischen zeru verschlingen, im Angels. taeran und im Engl. to tear, zerren, zerreissen, im Schwed. tära, sowohl durchbohren, als verzehren, und nähren, wozu auch das Griech. τερειν, durchbohren, das Lat. terere, und das Deutsche durch gehören. Der Hauptbegriff ist ohne Zweifel das Zerreiben und Zerreissen mit den Zähnen, so daß unser zerren das Intensivum davon ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1668.
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