Zirkel, der

[1725] Der Zirkel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Zirkelchen, ein Wort, welches sowohl von einer gewissen runden Figur, als einem Werkzeuge, gebraucht wird.

1. Eine runde Figur, deren Umkreis in allen Puncten gleich weit von dem Mittelpuncte abstehet. (1) Eigentlich, da es denn bald die Linie, welche den Umkreis bildet, bald die daraus entstehende Figur, bald aber auch die Fläche bezeichnet, obgleich diese Begriffe, wenn sie bestimmt ausgedruckt werden sollen, durch Zirkellinie, Zirkelfigur und Zirkelfläche gegeben werden müssen. Einen Zirkel machen, beschreiben, eine solche Linie, oder Figur. (2) Figürl. (a) In einem Zirkel, oder Kreis gestellte Dinge. So werden besonders an den Höfen die Versammlungen der Damen, da die Damen in einem Kreise um die Königinn oder Fürstinn stehen, Zirkel genannt. In noch weiterer Bedeutung ist der Zirkel, so wie Kreis, eine jede Versammlung von Personen gewisser Art. Die Fürsorge für das Glück unserer Verwandten ist außer dem Zirkel unsers eigenen Hauses die nächste Pflicht, die uns die Vorsicht anweiset, Gell. Das Lesen eines Meisterstückes kann zugleich einen ganzen Zirkel ergetzen, eb. ders. (b) Eine Reihe von Veränderungen, welche nach einer gewissen Zeit immer wieder von vorne anfangen, oder gleichartig werden. Das Leben dieser Welt ist ein beständiger Zirkel von Handlungen und äußern Beschäftigungen. – Würden sie sich nicht gern in diesen Zirkel stiller und wahrer Freuden mit ihr eingeschlossen haben? Weisse. In einer etwas andern Bedeutung ist der Zirkel (c) zuweilen eine Reihe zusammen gehöriger, mit einander verbundener Veränderungen.


Doch weil die Macht von manchen Fällen

Den Klügsten aus dem Zirkel reißt,

Günth.


(d) Ein Zirkel im Definiren, im Schließen, u.s.f. in der Logik, ein Fehler, wenn man im Definiren oder Schließen wieder auf den Begriff zurück kommt, von welchem man ausgegangen ist, an Statt daß die Begriffe in einer Reihe an einander gehänget werden, und gleichsam in gerader Linie fortgehen sollten.

2. Ein Werkzeug, ein Zirkellinie zu beschreiben, welches gemeiniglich aus zwey oben in einem Kopfe beweglichen, unten aber spitzigen Schenkeln bestehet, dahin der Handzirkel, Bogenzirkel, Haarzirkel, Hohlzirkel, Stangenzirkel u.s.f. gehören.

Anm. Das Wort ist freylich aus dem Lat. Circulus entlehnet, und wird daher gemeiniglich Cirkel geschrieben. Allein, da es im[1725] Deutschen schon alt ist, und daher auch in der Endsylbe Deutschen Wörtern gleich gemacht worden, so kann man es auch zu Anfange nach Deutscher Art und Sitte schreiben, und es als einen völligen Deutschen Bürger betrachten. Im Lateinischen unterscheidet man die Linie oder Figur Circulus von dem Werkzeuge Circinus; allein im Deutschen gebraucht man das erste für beyde. Eine orthographische Grille war es, wenn es einige in der ersten Bedeutung Cirkel, in der zweyten aber Zirkel schreiben wollten, indem die Unterscheidung mehrerer Bedeutungen durch die Orthographie theils wider die Analogie der Deutschen Sprache, theils auch in tausend andern Fällen unmöglich ist. Im Niederdeutschen ist für das Werkzeug das Wort Passer üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1725-1726.
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