Zirkel [1]

[954] Zirkel (lat. circulus), Kreis, Kreislinie (über die sogen. Z. der Studenten s. Studentenzirkel); übertragen (nach dem franz. cercle) soviel wie Gesellschaftskreis, geschlossene Gesellschaft. Dann ein zur Beschreibung eines Kreises sowie zur Ausmessung gerader Linien etc. dienendes Instrument, dessen Erfindung in vorgeschichtliche Zeit zurückreicht. Der gewöhnliche Scharnierzirkel, von Metall oder Holz, besteht aus zwei Schenkeln (Armen), die unten spitz auslaufen, und aus dem Kopf, der die Schenkel durch ein Scharnier zusammenhält und zugleich die Bewegung mittels der in ihm sitzenden Schraube bedingt. Der Scharnierzirkel dient hauptsächlich dazu, Entfernungen abzustechen und zu messen, Einteilungen zu machen und Kreise zu beschreiben, zu welch letzterm Zweck man auch Reißfedern oder Bleifederhalter u. dgl. in einen Schenkel des Instruments einsetzt (Einsatzzirkel, Fig. 1). Wird ein Messer in den einen Schenkel eingesetzt, so erhält man einen Schneidezirkel. Dahin gehören auch die Bogenzirkel (Fig. 2), bei denen mit dem einen Schenkel ein Kreisbogen verbunden ist, der durch ein Loch des andern Schenkels geht und an demselben festgeschraubt werden kann; die Haarzirkel,[954] bei denen der eine Schenkel mittels einer kleinen Schraube um eine sehr geringe Weite vor- oder zurückgerückt werden kann, ohne daß man deshalb das Kopfgewinde des Zirkels in Bewegung zu setzen braucht; die Doppelzirkel, mit festem und beweglichem Gewinde, und die Nullenzirkel (Fig. 3), zum Beschreiben sehr kleiner Kreise. Zur Einteilung von Linien dient der Federzirkel (Fig. 4), bei dem beide Schenkel (von denen der eine mit einer Schraube verbunden ist, die durch ein Loch des andern geht) durch eine bogenförmige stählerne Feder zusammenhängen. Der Volutenzirkel dient zur Zeichnung rechts- und linksläufiger Spiralen und ihrer Spiegelbilder; der Ellipsenzirkel (s. d.) zur Zeichnung von Ellipsen. Beim Stangenzirkel (Fig. 5) sind beide Schenkel durch eine metallene oder hölzerne Stange verbunden, auf der sie sich verschieben, mittels Schrauben aber feststellen lassen. Der Trisektionszirkel hat den Zweck, einen vorliegenden Winkel in drei gleiche Teile zu teilen. Mit dem Reduktionszirkel (Fig. 6) verwandelt man Linien oder Figuren in andre, die sich zu jenen verhalten wie irgend ein paar ganze Zahlen zueinander. Der Dreispitzzirkel (Fig. 7) ist ein Winkelmeßapparat, er hat drei Schenkel, die am Kopfe so miteinander verbunden sind, daß die drei Spitzen auf die drei Ecken eines beliebigen Dreiecks gestellt werden können. Der Proportionalzirkel dient zum Teilen von Linien in gegebenen Verhältnissen, er besteht aus zwei gleichen Linealen, die wie die Schenkel eines gewöhnlichen Zirkels dergestalt miteinander verbunden und um einen Punkt beweglich sind, daß, wenn man das Instrument zusammenlegt, die Oberflächen der Lineale genau in eine einzige Ebene fallen. Aus diesem Punkte sind auf beiden Linealen gerade Linien gezogen, die nach verschiedenen Verhältnissen eingeteilt sind und als Maßstäbe dienen. Der Gebrauch desselben beruht auf der Lehre von der Ähnlichkeit des Dreiecks.

Zur Messung des Durchmessers von Zylindern oder der Dicke von andern Körpern dienen die Dickzirkel (Taster, Tast- oder Greifzirkel, Pachymeter), deren Schenkel stark einwärts gekrümmt und mit stumpfen Ecken versehen sind (Fig. 8). Zur unmittelbaren Messung der Dicke in Millimetern werden die Schenkel über das Scharnier verlängert und tragen auf der andern Seite einen Maßstab, bez. eine Marke (Fig. 9). Für seine Messungen wird die Schenkelübersetzung noch stärker gemacht. Beim sogen. Zehntelmaß (Fig. 10) können noch 1/10 mm abgelesen werden. In der Uhrmacherei werden die Taster je nach ihrer Verwendung und speziellen Ausbildung auch als Triebmaß, Zapfen- oder Spindelmaß, Zapfenzirkel bezeichnet. Bei Mikrometertaster oder Mikrometerzirkel (s. d.) wird die Bewegung des einen Schenkels auf ein Zeigerwerk in sehr starker Übersetzung übertragen (Fig. 11) und lassen sich dann Dicken bis 1/1000 mm genau bestimmen. Zur Bestimmung der Durchmesser in Höhlungen dienen die Lochzirkel, Hohlzirkel, Lochtaster, deren Schenkel mit stark nach auswärts gebogenen Enden versehen sind und daher auch als Tanzmeister bezeichnet werden (Fig. 12). Häufig bildet man die Schenkel der Zirkel auch nach beiden Seiten aus, so daß die eine Seite des Zirkels als Dickzirkel, die andre als Lochzirkel benutzt werden kann (Fig. 13). Fig. 14 zeigt einen Universalzirkel, der als Absteck-, Dick- und Lochzirkel dienen kann. Vgl. Karmarsch-Fischer, Handbuch der mechanischen Technologie, Bd. 1 (Leipz. 1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 954-955.
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