Anacharsis Cloots

[276] Anacharsis Cloots war aus Cleve gebürtig, und wurde von dem Departement de lʼOise zum National-Convent als Deputirter geschickt. Ehemals hatte er den Gelehrten gespielt. (Diderots Umgang soll. ihn zum Atheisten gemacht haben); aber durch die unsinnigen Motionen, die er gewöhnlich vorbrachte, gab er deutlich genug zu erkennen, daß er eigentlich in ein Tollhaus gehörte. Er hätte gern die ganze Welt in eine gemeinschaftliche Republik verwandelt, um darin als wahrer Redner des Menschen geschlechts (orateur du genre humain, wie er sich zu nennen pflegte) figuriren zu können. Es war am 19. Juni 1790, als verkleidete Türken und Araber mit Holländern, Engländern, Deutschen und Italienern, als Repräsentanten des Menschengeschlechts, durch Cloots, der das Wort führte, den Reformatoren Frankreichs Glück wünschten; eine Posse, auf welche ein wichtiger Auftritt, die Vernichtung des Adels u. s. f. folgte; s. S. 13 f. Durch Cloots wurde der Bischof Gobel von Paris gezwungen, freiwillig der geistlichen Würde zu entsagen, welchem Beispiele die constitutionellen Priester in allen Theilen des Reichs folgten. Die Faction des Robespierre, welche bei der eben erwähnten Unternehmung nicht gefragt worden war, machte auf einmal alle seine Entwürfe scheitern; verdammte ihn mit der Partei des berüchtigten Hebert als einen Ultrarevolutionär, und zwang ihn (24. März 1794), mit ihr das Blutgerüste zu besteigen, nachdem er acht Tage vorher von den Jacobinern zu ihrem Präsidenten ernannt worden war.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 276-277.
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