Die Phönizier

[429] Die Phönizier, eins der ältesten Völker in der Geschichte, waren schon um das Jahr der Welt 2000 bekannt. Sie wohnten anfänglich am Persischen und Arabischen Meerbusen, und nachher an der Küste des Mittelländischen Meeres, in der heutigen Türkischen Provinz Soristan. Diese bequeme Lage, verbunden mit der Nähe des an Schiffsbauholz so reichen Libanus, machte, daß sie frühzeitig das Meer zu beschiffen anfingen. Ihre Seereisen schränkten sich aber nicht bloß auf das Mittelländische Meer ein: sie segelten über die Straße von Gibraltar hinaus nach England, dessen Zinn einen Hauptzweig ihres ausgebreiteten Handels ausmachte; ja sie sollen sogar aus der Ostse Bernstein gehohlt haben. Sie werden vorzüglich wegen ihrer nützlichen Erfindungen [429] gerühmt. So wird ihnen die Erfindung der Buchstabenschrift, der Purpurfärberei und des Glases, der Gebrauch der Münzen und die Vervollkommnung der Schifffahrtskunde und anderer dahin gehöriger Wissenschaften zugeschrieben; auch sollen sie sehr schöne Leinewand und vortreffliche Arbeiten in Metall und Holz verfertigt haben. Bei ihren Seereisen legten sie verschiedene Colonien an, von welchen Carthago und Cadix die bekanntesten geworden sind. Es gab mehrere einzelne Phönizische Staaten; Sidon (jetzt Seyde) und Tyrus (Sur) waren die wichtigsten darunter. Nachdem sich die Phönizier viele Jahrhunderte lang durch Künste, Handel und Schifffahrt bereichert hatten, wurden sie endlich der Persischen, und späterhin der Macedonischen Monarchie unterworfen, wo sie denn mit dem Verlust ihrer Selbstständigkeit gänzlich aus der Geschichte verschwinden. Sanchuniathon, ein Phönizier, der um das Jahr der Welt 2800 lebte, hat eine Geschichte seines Volks geschrieben, wovon wir noch Bruchstücke in einer Griechischen Uebersetzung besitzen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 429-430.
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