Die Temperatur

[91] Die Temperatur heißt 1) der Zustand der Luft, in Absicht auf die fühlbare Wärme des Luftkreises: sie wird durch den an der Scala des Thermometers angezeigten Grad ausgedrückt. Auch nennt man oft Temperatur den Grad der Wärme, welchen eingeschlossene Lust oder andre Körper zeigen. 2) In [91] der Musik bezeichnet Temperatur diejenige Einrichtung des ganzen Tonsystems, vermöge welcher gewissen Tönen etwas von ihrer Reinigkeit abgenommen, und den andern zugesetzt wird. Sie dient zur Verdeckung eines Fehlers in der Tonleiter, nehmlich einer Quinte, die um ein Comma zu klein ist, und daher eine Dissonanz verursachen würde: um dieß zu vermeiden, pflegt man auf dem Clavier oder der Orgel eine solche Abmessung der Intervalle zu treffen, daß dadurch dem einen etwas von seiner Richtigkeit abgenommen, und dem andern zugesetzt wird, damit sie alle zusammen in möglichster Harmonie bleiben. Es muß demnach jeder der zwölf Tone des Systems als eine Tonica in der großen sowohl als in der kleinen Tonart können gebraucht werden. Der erste Erfinder der accuratesten Temperatur in der Musik war Abadias Trew (oder Tren), Professor der Physik und Mathematik zu Altdorf, geb. zu Anspach 1597, gest. 1669.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 91-92.
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