Drouet

[367] Drouet, ehemaliger Postmeister zu St. Menehould, erkannte Ludwig XVI. mit seiner Familie auf ihrer Flucht von Paris (im Juni 1791, und ließ sie zu Varennes arretiren. Für diesen wichtigen Dienst erwählte ihn das Marnedepartement zum Deputirten [367] bei dem Nationalconvente. Im Herbste 1793 wurde er zur Nordarmee abgesandt, und befand sich eben in Maubeuge, als die Oesterreicher diesen Ort von allen Seiten blokirten. Drouet faßte den kühnen Entschluß, mit einem Detaschement Dragoner durch die Belagerungsarmee durchzubrechen, und dem Convent von der bedrängten Lage der Stadt Nachricht zu geben. Aber sein Plan mißglückte, die Oesterreicher nahmen ihn gefangen, und brachten ihn bald nachher auf die Festung Spielberg in Mähren. Hier erfuhr er, als Verräther Ludwigs XVI. eine ziemlich harte Behandlung, welche ihn zu einem Versuche veranlaßte, sich selbst in Freiheit zu setzen. Sein Projekt verunglückte aber auch dießmal; er brach bei dem gefährlichen Sprunge, den er (am 21. Juni 1794) aus seinem Fenster wagte, ein Bein, und wurde dadurch von jedem Versuche ähnlicher Art auf immer abgeschreckt. Die Auswechselung der Französischen Prinzessin verschaffte ihm gegen das Ende des Jahres 1795 seine Freiheit wieder. Er trat, unter dem lebhaftesten Beifall seiner ehemaligen Collegen, in den Rath der Fünfhundert ein, stattete einen langen Bericht über seine Schicksale ab, und widmete sich aufs neue dem Dienste der Republik. Aber kaum hatte er seine ehemalige Lauthahn wieder angetreten, als das Directorium gegen ihn (am 10. Mai 1796) einen Verhaftsbefehl ergehen ließ, weil er ein vorzüglicher Theilnehmer an der Verschwörung war, welche, unter des bekannten Baboeufs Leitung, gegen die Regierung ausbrechen sollte. Drouet gestand im Verhör, daß er die Constitution von 1795 hasse, und sie der demokratischen von 1793 weit nachsetze; läugnete jedoch, Antheil an der angeblichen Verschwörung zu haben. Einige Deputirte suchten ihn zu vertheidigen, aber der größere Theil schien in beiden Räthen gegen ihn zu sein Man versichert, daß sein moralischer Charakter unverdorben, nur seine Phantasie, durch einen überspannten Republikanismus, zu sehr erhitzt sei; demohngeachtet wird er aber schwerlich wieder zu dem vollen Genuß der Freiheit gelangen. Das Tempelgefängniß, worinne er, so wie einst Ludwig XVI. verhaftet war, mußte ihn zu den ernsthaftesten Betrachtungen veranlassen, und den Wechsel menschlicher Schicksale sehr lebhaft vergegenwärtigen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 367-369.
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