Quintus Septimius Florens Tertullianus

[101] Quintus Septimius Florens Tertullianus, ein berühmter Kirchenlehrer im 2ten Jahrhunderte. Der Sohn eines Hauptmanns zu Carthago, war er dem Heidenthum zugethan, und trieb anfangs die Geschäfte eines Sachwalters (wiewohl man noch sehr zweifelt, ob der als Jurist berühmte Tertullianus derselbe sei; wenigstens will man nach der Verschiedenheit des Styls diesen für einen ganz andern halten). Allein durch die damahlige Standhaftigkeit der Märterer wurden ihm die Augen über die Täuschung des Heidenthums aufgethan, und so ward er ein Christ (ungefähr im J. Chr. 185) und zugleich ein eifriger Vertheidiger des Christenthums. Seine große Gelehrsamkeit und seine Tugenden erhoben ihn bald zum Priester. Bei der heftigen Christen-Verfolgung unter dem Kaiser Severus schrieb er die berühmte Apologie vor die Christen, die in ihrer Art ein Meisterstück von Beredsamkeit ist, und in welcher die Lebhaftigkeit und Stärke, die in allen seinen Schriften hervorleuchten, Bewunderung einflößen, wenn auch seine Sprache, wie besonders in seinen übrigen Werken, etwas hart und dunkel ist. Als ein Mann, der einer sehr strengen Lebensart gewohnt war, durfte man sich nicht wundern, daß er bei den verderbten Sitten der Römischen Clerisei sich mehr auf die Seite des Proclus, eines Schülers des Montanus, dessen Lehre seiner Neigung weit mehr entsprach, hinwendete. Er ward Montanist, und ward es noch eifriger, als man ihn deßhalb zu Rom excommunicirte. Freilich that dieß der Kirche sehr vielen Schaden, ob man gleichwohl bei der Klugheit und Einsicht des wirklich großen Mannes voraussetzen kann, daß er den irrigen Lehren des Montanus nicht ganz beigepflichtet habe, sondern mehr von den Montanisten getäuscht worden sei. Ob er noch vor seinem Ende, welches im Jahre 220 bei hohem Alter erfolgte, mit der Kirche wieder ausgesöhnt worden, läßt sich nicht gewiß bestimmen. Seine Anhänger, die Tertullianisten, waren zur Zeit des heil. Augustin, der, eben so wie Cyprianus und Hieronymus, den [101] Tertullian angelegentlich selbst vertheidigten, ganz erloschen. – Uebrigens muß man diesen Tertullianns nicht mit einem andern – einem Heiligen gleiches Namens – verwechseln, welcher im J. 360. den Märterertod starb.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 101-102.
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