Schaubühne

[75] Schaubühne, Schauspielhaus, ist der Ort, wo Schauspiele vor den Augen der Zuschauer aufgeführt werden; und zwar ist die Bühne selbst erhöhet, damit die Zuschauer den Schauspieler vollkommen im Auge haben können. Die Schaubühnen der Römer und Griechen waren auf freien Plätzen: der hintere Grund derselben bestand aus einer festen Wand, so daß die Länge oder Tiefe des Theaters nie erweitert oder verkürzt werden konnte; auf der Wand waren insgemein Faßaden von Gebäuden gemahlt, wo die Schauspieler aus den Thüren derselben hervortraten; rechts und links beschrankten einige Bäume die Bühne. Die Zuschauer saßen oder standen auf halbrunden Plätzen vor dem Schauplatz (m. s. auch d. Art. Amphitheater). – Wie unvollkommen diese Bühnen waren, sieht man leicht ein; und unsere Zeitgenossen würden den Vorstellungen der Art keinen Geschmack abgewinnen können. Die Unbeständigkeit unsers Climaʼs machte es aber auch nothwendig, daß man bedeckte Plätze zu Vorstellungen von Schauspielen wählte, wozu anfangs große Säle hinreichend waren, bis endlich die Baukunst eigene Gebäude dazu lieferte, in denen die Mahleret und Maschinerie eine bewegliche Welt im Kleinen darstellten. Hier besteht denn nun die Schaubühne aus einem verhältnismäßig breiten, hohen Platze, dessen Seiten durch bewegliche Wände (Coulissen), dessen Höhe durch bewegliche Deckenstücken (Soffiten) und dessen Hintergrund durch ganze Vorhänge, die die Länge der Bühne nach Beschaffenheit der Umstände verkürzen oder verlängern, eingeschlossen werden. Die Kunst der Maschinerie, verbunden mit einer richtig berechneten Mahlerei, sind in unsern Zeiten auf einen sehr hohen Gipfel gekommen; die Schauspielhäuser in Frankfurt am Main, Berlin, Dresden, Dessau, Leipzig, ohne [75] die ausländischen in Frankreich, England, Schweden und Rußland zu erwähnen, geben davon sehr glänzende Beispiele. Die nicht abzuhelfenden Mängel der alten und neuen Schaubühnen sind unstreitig die bei allen Verwandlungen der Scene bleibende Breite und Höhe des Theaters; denn so sehen wir eine und dieselbe Breite und Höhe in einer Bauernhütte, in einem königlichen Zimmer und in einer freien Gegend: nur die Tiefe oder Länge des Theaters wird durch einen Vorhang nach der nöthigen Größe des Platzes bestimmt. Auch bleibt in Hinsicht der richtigen Beleuchtung noch so manches zu wünschen übrig.

Die Zuschauer befinden sich heut zu Tage in mehrern Reihen über einander stehender Abtheilungen (Logen) und unten in einem vor der Breite des Theaters befindlichen Platz (Parterre). Die Menge der Zuschauer in einer großen Stadt macht die Uebereinandersetzung der Logen nöthig; es gewährt aber keine vortheilhafte Ansicht, besonders wenn sie ganz senkrecht übereinander stehen: weit vortheilhafter würde es daher sein, wenn die obern Reihen der Logen verhältnißmäßig gegen die untern Reihen zurückgebaut wären; so würde ein breites Proscenium etwa 3 Ellen tief, gewölbt, so wie die Decke über die Zuschauer, wenn auch nur von Holz gut in einander gefugt, ohne mit Leinwand überzogen zu werden, sehr vortheilhaft für den Schall sein, besonders wenn die obere Reihe der Logen nicht unmittelbar an die Decke stieß, sondern hier noch eine feste breite Wand über derselben an der Decke herum ging, worauf man nur gemahlte Hohlkehlen (Simße) anbringen dürfte. Je größer die Bühne ist, desto besser sind die zirkelförmig gebauten Logen um den Schauplatz. Die Bühne selbst muß nicht zu tief sein, weil sonst der Schauspieler, wenn er mitten in der Scene steht, nicht verstanden werden kann. Das nothwendigste Erforderniß einer guten Schaubühne ist, daß die Zuschauer allenthalben gut hören und sehen können, das ist, die Regeln der Akustik, Perspective und Mahlerei müssen genau beim Bau beobachtet worden sein, und das Ganze muß mit seinen Theilen ein angenehmes und zierliches Verhältniß haben; daher auch ein Schauspielhaus, so viel sein Aeußeres betrifft, als Tempel einer Kunst, die so viele wieder in sich vereinigt, in[76] einem edeln und gefälligen Styl gebaut sein muß. – Für die Bequemlichkeit der Treppen und der damit verbundenen Ausgänge muß besonders zur Sicherheit der Zuschauer gesorgt sein.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 75-77.
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