Wallfahrt

[371] Wallfahrt heißt eigentlich eine Reise in die Ferne, besonders zu Fuße; dann aber eine Reise, die an einen heiligen Ort aus Andacht unternommen wird. Sie geschehen entweder freiwillig, oder zu Erfüllung eines Gelübdes, oder wegen einer aufgelegten Buße. Ihr vorzüglicher Ursprung, den man sogar in der Bibel finden will, schreibt sich aus den Zeiten der Kreuzzüge (s. dies. Art.) her. Doch waren unstreitig bei den Türken die Wallfahrten zu Mahomets (s. Muhamed) Grabe noch weit früher gewöhnlich. Ja, was waren selbst in den ältesten Zeiten die Reisen zu den Orakeln (s. dies. Art.) anders, als eine Art Wallfahrten? Der berühmteste Wallfahrtsort der Christen war, besonders im Mittelalter, das heilige Grab zu Jerusalem, von welchem sogar ein Bürgermeister zu Görlitz, Emmerich, zum Andenken seiner 1480 dahin unternommenen Wallfahrt in Görlitz ein kleinliches Modell anlegen ließ. In Europa sind die berühmtesten Wallfahrtsorte: 1) in Spanien: Sanct Jago di Compostella, wo in der Cathedralkirche der Leichnam des heiligen Jacob befindlich sein soll. 2) in Italien: Loretto (s. dies. Art.). Auch waren sonst 3) die Wallfahrten nach Rom sehr häufig, sowohl um die Zeit der Charwoche, als auch besonders in dem großen Jubeljahre, die nach Papsts Sixtus IV. († 1484) Verordnung alle 25 Jahre gefeiert, und bei welchen ein vollkommener Ablaß ertheilet, auch die heilige Pforte der St. Peterskirche im Vatican geöffnet wurde.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 371.
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