Muhamed

[188] Muhamed, (nach andern Mahomet, Mohammed, Muhämmid, welches wörtlich der Erwünschte der Völker heißt) war, wahrscheinlich im J. 571 nach unsrer Zeitrechnung, zu Mecca in Arabien aus einem der angesehensten Geschlechte, dem Geschlecht der Koreishiten, geboren. Da sein Vater noch vor seiner Geburt ohne Vermögen zu hinterlassen gestorben war, so wurde er anfangs von seinem Großvater Montalleb, und nach dessen Tode von Abutaleb, seines Vaters Bruder, erzogen. Eine Hauptbeschäftigung seiner Jugend war die Jagd und Verfolgung wilder Thiere, wodurch er sich Geschicklichkeit in den Waffen und jene ausdauernde Geduld erwarb, die er bei seinen nachherigen Unternehmungen an den Tag legte. Abutaleb und seine Frau waren sehr zufrieden mit ihrem Neffen; da sie aber selbst kein großes Vermögen hatten, so hielten sie es für dienlich, ihn in den Dienst einer Kaufmannsfrau zu geben, welche Waaren nach Syrien schickte. Muhamed machte mehrere Reisen mit Haudelscaravanen, und lernte bei dieser Gelegenheit nicht nur den Zustand seines Volks sondern auch andre Religionssecten kennen. Seine Prinzipalin, Namens Chadija, verliebte sich in ihn (ihren Fuhrmann und Kamehltreiber, wie sich Baile ausdrückt) und heirathete ihn. Er war damahls fünf und zwanzig Jahr alt, und gelangte durch diese Heirath zu dem Besitz eines ansehnlichen Vermögens. Sein unternehmender Geist, der beständig mit kühnen Planen schwanger ging, beschäftigte sich mit der heidnischen Landesreligion, die er mit der jüdischen und christlichen, von denen er jedoch nur mangelhafte Begriffe hatte, verglich. Er beschloß, wahrscheinlich weniger aus Schwärmerei als aus Ruhm- und Herrschsucht, auf den Trümmern dieser Religionen ein neues Gebäude zu errichten: jedoch erst in seinem ein und vierzigsten Jahre machte er seine vorgebliche göttliche Sendung bekannt; denn er behauptete, von Gott selbst durch den Engel Gabriel an das Menschengeschlecht gesandt zu sein und den Koran (s. Alkoran) von ihm erhalten zu haben. Die Obrigkeit zu Mecca wurde bald auf ihn aufmerksam, und beschloß, ihn gefangen zu setzen. Er wurde gewarnt, [188] und floh im J. 622 von Mecca nach Medina (einer andern Stadt in Arabien) (s. den Art. Hedschra), versammelte hier seine Anhänger, zu denen sich bald tausende von neuen gesellten, und fing nun seine Reformation mit gewaffneter Hand an. Er unternahm verschiedene Streifzüge, und plünderte die Caravanen von Mecca; es kam zu mehreren Gefechten: und ob er gleich einige Mahl geschlagen wurde, so gelang es ihm doch i. J. 629 Mecca zu erobern. Er unterjochte ganz Arabien und einen Theil von Syrien, und zwang die Widerspenstigen durch das Schwert zur Annahme des Islamismus (er nannte seine Religion Islam, d. h. den rechten Glauben, so wie seine Anhänger Moslemim oder Munimim, d. h. Gläubige, heißen, wovon unser verdorbenes Wort Muselmänner seinen Ursprung hat) Er behauptete seine neu errungene Herrschaft mit der größten Tapferkeit und Klugheit, und wußte seine Fehler, unter welche vorzüglich die ausschweifende Liebe zum andern Geschlecht gehört, durch Stellen des Koran zu entschuldigen. Man hielt ihn für den hochsten Gesandten Gottes und für untrüglich. Endlich starb er im 60. Jahre seines Alters (i. J. 632) an den Folgen eines langsam wirkenden Gifts, das ihm durch seine Weiber beigebracht worden sein soll, zu Medina, wo man noch seinen Sarg in einer prächtigen Moschee zeigt. Sein Geburtsort Mecca, besonders ein überaus prachtvoller und heiliger Tempel daselbst, Kaaba, müssen von jedem Muhamedaner besucht werden; und kein andrer Religionsverwandter darf sich bei Todesstrafe neun Meilen im Umkreise sehen lassen. Die Türken verehren auch einige Reliquien von ihm, hauptsächlich seine Fahne, die sie mit in das Tressen nehmen, weil sie dieses für das sicherste Mittel zum Siege halten. Ihm ist besonders die grüne Farbe heilig, und die Emirs leiten ihr Geschlecht von ihm her. – Wir bewundern an Muhamed eine außerordentliche Schlauheit, alles bis zu den kleinsten Umständen auf seinen Plan zu beziehen, und eine Standhaftigkeit in der Ausführung desselben, die selbst durch die mißlichsten Lagen nicht erschüttert werden konnte.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 188-189.
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