White-Boys

[407] White-Boys (spr. Hueit-bays), d. h. weiße Buben: so wurden gewisse Unruh-Stifter in Irland genannt, die wegen der politischen Folgen allerdings für England bedeutend wurden. Es waren dieß nehmlich eigentlich gewisse Landleute, die ihre Hemden über den Kopf zogen, und unter dieser Verkleidung des Nachts zu Pferde, oder zu Fuß auszogen, um an ihren Feinden (z. B. reichen Gutsbesitzern, obrigkeitlichen Personen, von denen sie etwa bestraft worden waren, Zollbedienten u. dgl.) Rache zu nehmen, wobei sie denn in die Häuser fielen und vielerlei Ausschweifungen begingen, dabei aber allemahl ihre Freunde durchaus verschonten. Jedoch wurden sie nach und nach durch strenge Wachsamkeit, und seit Errichtung der Volontairs, die durchs ganze Land verbreitet waren, besonders aber durch die vom Parlament erlassene so genannte Whiteboys-Acte unterdrückt. Indessen haben zu Ende des vorigen Jahrhunderts in Irland neue Ruhestörer sich wieder hervorgethan, die sich Right-boys (spr. Reit-bays) nennen, und im Grunde auf dasselbe abzwecken, als jene, obgleich sie mit mehr Vorsicht und Ueberlegung zu Werke gingen, und gewisser Maßen die Gesetze ehrten. Die Unruhen selbst entstanden über die Entrichtung des Zehenten. Da nehmlich der größte Theil der Irländer aus Katholiken besteht, die Regierung aber nur Eine Religion kennt, so müssen jene eben so gut wie die protestantischen Geistlichen den Zehenten entrichten, [407] als ob sie selbst Protestanten wären, außerdem aber auch noch ihre eignen Geistlichen erhalten. Jene protestantischen Geistlichen nun, welche niemahls den Zehenten in Natur beziehen, verglichen sich auf eine gewisse Summe Geldes für jeden Morgen Landes (acie), die vielleicht bisweilen die Hälfte, oder etwas darüber von dem betrug, was sie aus dem Zehnten hätten lösen können, wenn sie ihn in Natur bezogen hätten; und um es sich noch bequemer zu machen, verkauften die Geistlichen das Ganze, was sie jährlich von ihren Pfarrkindern zu fordern hatten, an so genannte Tythe Proctors (Zehenten-Verwalters), welche nun für ihre eigne Rechnung mit den Landleuten accordirten, und dadurch diese freilich oft – wie es zu gehen pflegt – sehr hoch trieben. Darwider nun emporten sich jene katholischen Landleute im Jahr 1786: jedoch, um sich nicht der Strafe jener Whiteboys-Acte auszusetzen, erschienen sie nicht bei Nacht, sondern zwischen Sonnen Auf- und Untergang; sie verkleideten sich nicht, begingen keine Gewaltthätigkeiten – kurz, sie vermieden alles, was sie als jene, wider welche die Acte gerichtet war, charakterisirt hätte. Sie versammleten sich alle Sonntage früh, zu Fuß und zu Pferde, oft zu vielen Tausenden, besetzten die nächste katholische Kapelle, und hier mußte jeder, den sie fanden, einen Eid ablegen, mit keinem Proctor über die Zehenten zu accordiren, keinem Geistlichen mehr, als die festgesetzte Summe, zu zahlen, niemand, der nicht diesen Eid geschworen hätte, zu helfen etc. etc. Daraus nun entstanden denn die heftigsten Unruhen und die traurigsten Folgen, die, bald mehr, bald weniger, wieder ausbrachen, und sich gewöhnlich zu den übrigen Unruhen, die so lange in Irland (s. dies. Art.) gewüthet haben, gesellten, so sehr man auch das Uebel von Grund aus zu heilen gesucht hat.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 407-408.
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