Zeno

[467] Zeno, aus Elea in Groß-Griechenland, ein Philosoph aus der vom Xenophanes begründeten, vom Parmenides aber und ihm selbst erweiterten Eleatischen Schule (ungefähr 500 J. vor Chr. Geb.). Er wird, wenn nicht für den Erfinder, doch für den Erweiterer und Vollender der Dialectik angesehen, d. h. der Kunst, sich und seinem Gegner bei philosophischen Gesprächen und Disputiren in strenger logischer Consequenz zu halten. Daß diese Kunst späterhin zur Sophistik ausartete und gemißbrauchr wurde, ist nicht Zenoʼs Schuld, denn er selbst war von sophistischem Truge frei. Die Lehrsätze dieses Philosophen, so wie überhaupt der ganzen Eleatischen Schule, sind bloß fragmentarisch und dazu noch sehr entstellt auf uns gekommen; unserer, oder vielleicht einer noch spätern Zeit scheint es aufbehalten zu sein, die Lehren dieser Schule (die große Verwandtschaft mit denen des Spinoza haben) zu würdigen. Zeno war der Lehrer des berühmten Pericles, und ein moralisch guter, edler, hochherziger Mann. Er unternahm es, seinem vom Tyrannen Clearchus unterdrückten Vaterlande die Freiheit zu verschaffen; aber das Unternehmen mißlang. Er erduldete die fürchterlichsten Qualen der Folter mit unüberwindlicher Standhaftigkeit, und biß sich, um seine Mitverschwornen nicht verrathen zu können, die Zunge [467] ab. Er soll sodann in einem Mörser zerstampft worden sein. Bekannt ist von ihm auch folgender Ausspruch: Als man sich nehmlich wunderte, daß er durch harte Beleidigungen einst sehr erzürnt wurde, antwortete er: Hätte ich kein Gefühl für Beleidigungen, so hätte ich auch keins für Lob. – Ein von diesem unterschiedener, nicht minder berühmter Philosoph ist

Zeno, aus Citium auf der Insel Cypern, welcher um das Jahr 260 vor Chr. Geb. blühte: dieser war der Sohn eines Kaufmanns, dem sein Vater die Schriften der Atheniensischen Philosophen mit nach Hause brachte, und dadurch in ihm die Liebe zur Philosophie weckte und nährte. Zeno kam endlich selbst einmahl in Handelsgeschäften nach Athen, scheiterte im Hafen, und widmete sich von nun an der Philosophie. Nachdem er gegen 20 Jahre die Lehren der verschiedenen Schulen angehört hatte, trat er endlich in Athen selbst als Lehrer und Stifter einer besondern Schule auf, die den Namen der stoischen bekam. Wir beziehen uns, um Wiederhohlungen zu vermeiden, auf den Art. Stoiker, Th. V. S. 417. fg. und setzen hier nur noch einige seiner Lehrsätze und sein Lebens-Ende zu jenem Art. hinzu: Die Tugend, lehrte er, sei das höchste Gut; der Schmerz kein Uebel, sondern nur das Moralisch-Böse so zu nennen. In der Physik lehrte er: Gott sei die Weltseele, die Welt selbst der Körper dieser Seele; er nahm ferner ein unvermeidliches Schicksal an. Die Strenge seiner Moral, die er selbst ausübte, erwarb ihm dadurch die höchste Verehrung und Achtung in Athen so, daß die Athener ihm die Schlüssel zur Festung übergaben und anvertrauten, und ihm nach seinem Todte eine Statue setzten. Er erreichte ein hohes Alter, und soll sich nach Einigen zu Todte gehungert, nach Andern mit einem Strick erwürgt haben. (Die Stoiker nehmlich billigten in gewissen Fällen den Selbstmord.) Seine zahlreichen Schriften sind verloren gegangen. Seine Philosophie übrigens fand auch bei den Römern sehr viel Anhänger.

Apostolo Zeno, ein berühmter dramatischer Dichter aus Candia zu Ende des 17ten Jahrhund. Hofpoet und Geschichtsschreiber Kaiser Carls VI. zu Wien, [468] und Vorgänger des noch weit berühmtern Metastasio (s. dies. Art.), dem er, nachdem die Italiänische ernsthafte und komische Oper, besonders auch die Oratorien von den alten Mißbräuchen und Fehlern durch ihn gereinigt worden waren, nun dieß schön angelegte Feld überließ, auf welchem Metastasio, der ihn freilich an Grazie, Sanftheit und Harmonie bei weitem übertraf, sich den hohen Ruhm als dramatischer Dichter erwarb. Zeno ging (1729) nach Venedig zurück, wo er als pensionirter kaiserlicher Dichter, noch sehr lange lebte, und im Jahr 1750 starb. Das große Verdienst hatte er allerdings um die Oper, daß er dieselbe regelmäßiger zu machen, und sie dem Trauerspiele der Griechen näher zu bringen versuchte. Er verließ daher die Götter- und Wunderwelt gänzlich, und gab der Italiänischen Oper die jetzige Gestalt. Seine dramatischen Werke (63 tragische Stücke enthaltend) kamen in 10 Bänden 1744 zu Venedig heraus. Außerdem gab er auch noch (bis 1719) das Giornale dei Litterati dʼItalia in 30 Bänden heraus.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 467-469.
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