Zoroaster

[483] Zoroaster, oder Zerdutsch, ein Lehrer der Weisheit in Persien, der wenigstens sechsthalbhundert Jahr vor Chr. Geb. gelebt haben muß. Aber sein Leben ist beinahe in ein eben so undurchdringliches Dunkel gehüllt, als die Lebensgeschichte des Hermes Trismegistus. Bei mehrern alten Völkern hat man einen Zoroaster zu finden geglaubt; und daher vermehren manche die Anzahl der Zoroasters bis auf acht Der Persische – von dem wir noch das meiste wissen – war ein Verbesserer der Volksreligion, und trug deßhalb ein neues Religionsbuch unter dem Namen [483] Zend-Avesta (lebendiges Wort) zusammen, worin zwei höchste Grundwesen, ein gutes, Ormuzd (oder Oromazes), dem man alle Anbetung und göttliche Verehrung schuldig sei, und ein boses, Arimanes, angenommen werden, und überhaupt die Lehren von Gott, den Engeln, den Belohnungen und Bestrafungen in einer andern Welt etc. enthalten sind. Spuren dieser Zoroasterischen Religion finden sich noch in Indien; und ein gelehrter Franzose, Anguetil du Perron, unternahm im Jahre 1755 eine Reise dahin, in der Hoffnung, die Schriften Zoroasters aufzufinden. Wirklich machte er auch nach seiner Rückkunft, und nachdem er die deßhalb in Indien gesammleten Schriften in der königl. Bibliothek zu Paris niedergelegt hatte, eine Französische Uebersetzung des Zend-Avesta bekannt; allein es ist sehr zu bezweifeln, ob dieses das echte Werk des Zoroaster sei, wiewohl Kleuker, der Deutsche Uebersetzer desselben, ganz davon überzeugt zu sein scheint, und die Echtheit gegen die sehr scharfsinnigen Angriffe Meiners ganz in Schutz nimmt. Die übrigen, dem Zoroaster beigelegten Schriften tragen die Spuren der Unechtheit noch auffallender an sich, und enthalten ein Gemisch von heidnischen und christlichen Sagen in einer dunkeln Schreibart. Es braucht kaum erinnert zu werden, daß die Freunde der geheimen Wissenschaften in den Werken des Zoroaster die Entdeckung des Steines der Weisen, den Aufschluß der höhern Magie und alle verborgene Weisheit des Morgenlandes zu finden glauben. – Uebrigens soll dieser Weltweise in der Einsamkeit auf einem Berge gelebt, und die Perser gelehrt haben, die Gottheit unter dem Bilde des Feuers zu verehren. Daher befahl er, daß in Persien ein immer brennendes Feuer zur Ehre der Gottheit unterhalten werden solle.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 483-484.
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