Die Sonnenfinsterniß

[360] Die Sonnenfinsterniß (Eclipsis solis, defectus solis) ist eine Naturbegebenheit, wo zuweilen zur Zeit des Neumonds die Sonne ihren Schein verliert und es uns vorkommt, als ob eine schwarze Scheibe vom Abend gegen Morgen in sie rückt, welche bisweilen einen kleinern, bisweilen einen größern Theil, ja, manchmal auch die ganze Sonne bedeckt. Daß der Mond, der ein dunkler, undurchsichtiger Körper ist, durch sein Vortreten vor die Sonne diese Sonnenfinsterniß veranlasse, indem das Licht der Sonne dadurch den Erdbewohnern entzogen wird (mithin die Sonne nicht ihr Licht verliert), ist außer Zweifel, und es wäre sonach eine solche Himmelsbegebenheit vielmehr eine Erdfinsterniß zu nennen. Die ältesten Völker und Schriftsteller haben die Sonnenfinsternisse als sehr merkwürdige Begebenheiten angesehen und wirklich hat auch der Anblick einer großen, besonders einer Total-Sonnenfinsterniß etwas sehr Auffallendes in der Natur, indem sich alle Wirkungen der Nacht dabei zeigen: die Vögel fallen nieder, Sterne erscheinen, es tritt auffallende Dunkelheit ein etc. Eine der größten war im Jahr 1706 den 12. Mai, welche an den meisten Orten Deutschlands total bemerkt wurde.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 360.
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