Richard I.

[319] Richard I., wegen seiner Tapferkeit Löwenherz [319] genannt, folgte seinem Vater Heinrich II. 1189 als König von England in der Regierung. Er nahm, ergriffen von der damaligen allgemeinen Wuth, Kreuzzüge zu thun, bald darauf das Kreuz an und zog mit Philipp, König von Frankreich, in das gelobte Land. Freilich mußten, da er zu diesem Zuge sehr viele Summen brauchte, manche Zölle, Aemter, Privilegien etc. verkauft werden, und so trat er endlich den Zug mit 35,000 Mann an. Unterwegs zwang er Tancred, König von Sicilien, seine Schwester der Gefangenschaft zu entlassen, nahm dem griechischen Prinzen Isaac die Insel Cypern weg, und half nun, vor Acre oder Ptolemais in Syrien angelangt, den Christen diesen Ort einnehmen. Durch seinen Heldenmuth und seine Tapferkeit zeichnete er sich unter allen christlichen Potentaten, welche an dem heil. Kriege Theil nahmen, besonders aus: er jagte den Saracenen und Türken das meiste Schrecken ein und hatte den Ruhm, den furchtbaren Saladin zu entwafuen. Da er sich mit Philipp nicht vertragen konnte, so verließ er das gelobte Land und ging 1192 zurück. Durch Sturm an die Küste von Dalmatien verschlagen, machte er die übrige Reise verkleidet zu Lande, wurde aber in Oestreich verrathen, und zu Kaiser Heinrich VI. geschickt, der ihn so lange gefangen hielt, bis er sich mit 100,000 Mark auslösete. Theils hatte er diese Behandlung durch seinen Stolz, bei der Eroberung von Ptolemais (wo er die östreichischen Fahnen herabriß und die englischen dafür aufsteckte), theils auch durch Unterhaltung der Unruhen in Sicilien gegen den Kaiser sich zugezogen. Bei der Zurückkunft fand er seinen Bruder Johann auf dem Throne, dem er aber verzieh, und sich nun gegen Frankreich, welches die Normandie angefallen hatte, rüstete. Er schlug bei Gisors die Franzosen, ward aber in der Folge, als er das Schloß Chalus in Limosin belagerte, durch einen Pfeil tödtlich verwundet, und starb am 6. April 1199. Seiner Verordnung gemäs wurden »seine Eingeweide, als der schlechteste Theil von seinem Körper, zu Charonne begraben, weil hier die rebellischen Unterthanen nichts besseres verdienten; sein Herz kam nach Ronen, wegen der immerwährenden Treue dieses Orts; sein Körper mußte [320] nach Fontevraut geschaft und zu seines Vaters Füßen gelegt werden, vor dem er sich dadurch, wegen seines vorigen Ungehorsams, demüthigen wollte.«

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 319-321.
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