Patrizier

[428] Patrizier (von patres, Väter, Väter des Volks) hießen im alten Rom diejenigen durch Geburt oder Glücksumstände besonders bevorzugten Familien, aus welchen die Senatoren gewählt wurden. Die Eintheilung des Volkes in Patrizier und Plebejer (von plebs, Volk), unter welchen die sämmtlichen übrigen freien Bürger verstanden wurden, wird dem Könige Romulus zugeschrieben. Sie veranlaßte aber bei fortschreitender Cultur immer mehr Streitigkeiten und Unzufriedenheit unter der zurückgesetzten Classe der Bürger, welche von allen Ämtern und Würden ausgeschlossen waren. Im I. 261 nach Erbauung Roms, 493 v. Chr., erzwangen sich die Plebejer die politische Gleichheit, welche ihnen bis dahin versagt war, und es blieb den Patriziern nur der unwesentliche Vorzug der Abstammung aus einem alten Geschlechte übrig, bis bei der Eroberung Roms durch die Gothen auch dieses Patriziat gänzlich ausgerottet wurde. Konstantin der Große schuf wieder ein neues Patriziat, das indeß blos ein persönlicher Ehrentitel war. Unter den Karolingern und den folgenden Kaisern war mit diesem Titel die Oberherrschaft über Rom und dessen Gebiet, sowie der Schutz des päpstlichen Stuhles verknüpft. Ein dem alten röm. Patriziat sehr entsprechendes Institut entstand im 12. und 13. Jahrh. in den deutschen Reichsstädten. Auch diese Patrizier waren eine Geburts- und Geldaristokratie, welche sich ein ausschließliches Recht auf alle höhern städtischen Ämter anmaßten, was in vielen Städten erst in der neuesten Zeit, damit aber nicht überall der den Patrizierfamilien oft vorgeworfene Patrizierstolz aufgehört hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 428.
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