Piëtisten

[409] Piëtisten (vom lat. piĕtas, Frömmigkeit), wurden zuerst Spener (s.d.) und seine Anhänger, die auf lebendige Herzensfrömmigkeit und werktätiges Christentum gegenüber dem toten Buchstabenglauben der Orthodoxie drangen, wegen ihrer Collegĭa pietātis ( Erbauungsstunden) genannt. 1686 begannen Francke, Anton und Schade an der Universität Leipzig die Bibel im Sinne dieses ältern Pietismus zu erklären (Collegia philobiblĭca); 1690 ausgewiesen, verpflanzten sie den Pietismus an die 1694 gestiftete Universität Halle, wo die Franckeschen Stiftungen (s. Francke, Aug. Herm.) als Zeugnis des pietistischen praktischen Christentums entstanden. Nach Franckes Tod (1727) entartete der Pietismus in Schwärmerei, äußerliche Werkheiligkeit und Verfolgungssucht gegen die Wissenschaft (Vertreibung des Philosophen Wolff aus Halle); durch den Rationalismus zurückgedrängt, fand er seine Heimstätte bei den Herrnhutern, Methodisten etc. – Vgl. Schmid (1863), Tholuck (1865), Ritschl (3 Bde., 1880-86), Sachße (1884). – Pietistisch, in der Weise der P., frömmelnd.

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 409.
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