Bibel

[201] Bibel (vom griech. biblia, »Bücher«; auch »die Schrift«, »die Heilige Schrift« genannt), die Sammlung von Schriften, die den Christen als Offenbarungsurkunden ihrer Religion gelten, zerfällt in das hebr. Alte Testament, das die von den Juden anerkannten Schriften enthält, und das griech. Neue Testament. Eine Anzahl griech.-jüd. Schriften bilden als Apokryphen (s.d.) einen Anhang zum A.T., den jedoch die röm.-kath. Kirche den übrigen Schriften gleichstellt.

Das Alte Testament, als Kanon (s.d.) um Christi Geburt abgeschlossen, enthält in 39 Büchern die als inspiriert geltenden Überreste der althebr. Literatur in 3 Abteilungen: das Gesetz (die 5 Bücher Mose); die Propheten: a) die sog. frühern (Bücher Josua, Richter, Samuel, Könige); b) die spätern (Jesaias, Jeremias, Ezechiel und die 12 kleinen Propheten); die Hagiographen, d.h. sonstige heilige Schriften (Psalmen, Sprüche, Hiob, Hohes Lied, Ruth, Klagelieder, Prediger, Esther, Daniel, Esra, Nehemia, Chronik). Im N.T. heißt das A.T. oft nur »das Gesetz« oder »das Gesetz und die Propheten«.

Das Neue Testament enthält 27 Bücher: 5 geschichtliche Bücher (die 4 Evangelien und die Apostelgeschichte), 21 Lehrschriften (13 Briefe des Paulus, Brief an die Hebräer und die 7 kath. oder allge mein-christl. Briefe ohne bestimmte Adresse, nämlich 1 Jakobus-, 1 Judas-, 2 Petrus- und 3 Johannesbriefe) und ein prophetisches Buch (Apokalypse oder Offenbarung Johannis).

Der hebr. Konsonantentext des A.T. wurde erst seit dem 6. Jahrh. n. Chr. auf Grund der mündlichen Überlieferung (Masora) von den sog. Masoreten in den Judenschulen zu Tiberias und am Euphrat mit Vokalen und Akzenten versehen. Die wichtigsten Handschriften des N.T. sind der Codex Sinaiticus zu Petersburg, der Vaticanus (B) zu Rom, der Alexandrinus (A) zu London, der Ephraemiticus (C) zu Paris; diese alle enthalten auch ganz oder zum Teil das griech. A.T.

Von den Übersetzungen der B. ist die älteste die griech. des A.T., die sog. Septuaginta (s.d.). Aus ihr flossen zahlreiche andere Übersetzungen. Die jüd. Targumim (Verdolmetschungen) in aramäischer Sprache sind zum Teil mehr Umschreibungen des Textes. Die syr. Übersetzung der B., die sog. Peschita (d.i. »einfache«), soll schon um 180 n. Chr. entstanden sein. Die altlat. Übersetzung, die Itala, nur noch für das N.T. ziemlich vollständig vorhanden, wurde wegen der bald einreißenden Abweichungen ihrer Ausgaben ersetzt durch die lat. Übersetzung des Hieronymus, die Vulgata (s.d.), die der kath. Kirche allein als kanonisch gilt. Von der got. Übersetzung des Ulfilas (gest. 381) aus dem Griechischen gibt es noch Bruchstücke. Ins Hochdeutsche wurde die B. schon im 14. Jahrh. übersetzt, immer aus der Vulgata, und bis 1518 hochdeutsch vierzehnmal, niederdeutsch bis 1522 viermal gedruckt. Luther übersetzte 1521 das N.T. (erste Ausg. 1522), 1523-34 das A.T. samt den Apokryphen aus dem Grundtext. Die besten neuern Übersetzungen der B. ins Deutsche sind die von De Wette (4. Aufl. 1886) und Bunsen (9 Bde., 1858-70), sowie des A.T. von Kautzsch u.a. (2. Ausg. 1896) und von Reuß (1892-94), und des N.T. von Weizsäcker (9. Aufl. 1900). Die schweiz.-reform. sog. »Züricher B.« (von Leo Judä 1524 fg.) wurde zuletzt 1868 umgearbeitet. Eine von einer Gelehrtenkommission ausgearbeitete Revision der Lutherschen Bibelübersetzung erschien 1883 als »Probe-B.«, revidiert 1892. Die franz.-reform. Kirche erhielt die B. durch Olivetan 1535 (revidiert von Calvin 1551), die erste offizielle engl. B. war die Bischofs-B. vom Erzbischof Parker (1568); die zuletzt autorisierte die »Royal Version« (1611; revidiert 1881).

Das sog. Bibelverbot der kath. Kirche, d.h. das Verbot des Bibellesens für Laien, erging zuerst 1229 durch das Konzil von Toulouse. Auch kirchlich gebilligte Übersetzungen sollen nur mit geistl. Erlaubnis gelesen werden.

Biblische Geschichte, Darstellung des geschichtlichen Inhalts der B. Vgl. zu den wichtigsten im Alten und Neuen Testament erzählten Ereignissen die Karten und Bilder zur biblischen Geschichte beim Artikel Palästina.

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 201.
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