Geschichte

[672] Geschichte, Historie, das Geschehene; dann Darstellung des Geschehenen, bes. G. der Menschen in ihren verschiedenen freien Tätigkeiten (Kultur-, Rechts-, Literatur-, Kunst-G. etc.); im engern Sinne die polit G., die Darstellung der menschlichen Dinge innerhalb staatlicher und gesellschaftlicher Grenzen; die G. der Menschheit schildert den Entwicklungsgang des Menschen und teilt sich in Biographie oder Lebensbeschreibung, Spezial-G. oder Schilderung einzelner Geschlechter, Gesellschaften, Völker, Staaten, und Universal- oder Welt-G., Darstellung der wichtigsten Veränderungen in den menschlichen Zuständen seit der frühesten Zeit. Diese wird, abgesehen von der Urgeschichte (s.d.), gewöhnlich eingeteilt in alte G. (bis zum Untergang des Weström. Reichs 476 n. Chr.), mittlere (bis zur Entdeckung Amerikas 1492 oder bis zur Reformation 1517), neuere (bis zur Franz. Revolution 1789) und neueste (bis zur Gegenwart). [Hierzu Beilage: Hauptdaten der Weltgeschichte.] – Die Geschichtschreibung war in frühester Zeit nur trockne Aufzeichnung geschichtlicher Tatsachen (Annalen, Chroniken); aus ihr bildete sich die zusammenhängende Darstellung merkwürdiger Begebenheiten; die pragmatische G. geht tiefer auf Ursachen und Wirkungen ein und ordnet den Stoff nach seinem innern Zusammenhang; die synchronistische Methode stellt das Gleichzeitige in übersichtlicher Form nebeneinander; die ethnogr. Methode gibt Spezialgeschichten und Völkerbiographien; beide vereinigt geben die ethnogr.-synchronistische Methode. Hilfswissenschaften der G. sind Chronologie, Archäologie, Numismatik, Sphragistik, Heraldik, Genealogie, Paläographie, Epigraphik, Diplomatik, in weiterm Sinne auch Geographie, Anthropologie, Ethnographie und Sprachwissenschaft. Gestützt auf diese Hilfsmittel sammelt die Geschichtsforschung die Tatsachen aus den Quellen, die teils mündliche (Tradition, Sage) oder schriftliche (Inschriften, Urkunden) Überlieferungen, teils faktische Einrichtungen (Gebräuche, Feste, Sprachen) oder Denkmäler (Münzen, Kunstwerke etc.) sind. - Grundrisse der Historik von Gervinus (1837), Droysen (3. Aufl. 1882), Lorenz (2 Tle., 1886-91); über die histor. Methoden vgl. von Below (1898), Lamprecht (1896, 1900 und 1905), E. Meyer (1902), Bernheim (4. Aufl. 1903).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 672.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: