Rembrandt van Ryn, Paul

[391] Rembrandt van Ryn, Paul. In aller neueren Kunst vibrirt der Kampf des Ideellen mit der reinen Natur. Und doch kann nur aus der sinnigen Umarmung beider die vollkommene Göttergestalt künstlerischen Schaffens hervorgehen. Das bloße Ideal ist eine blendende Lichtgestalt ohne die Seele der Wahrheit: sie entflieht unserer Umarmung, und wir umfassen statt der Juno eine Wolke. Aber auch die Natur darf nicht allein des Künstlers Führerin sein, und die Betrachtung des Alltäglichen selbst in seiner glücklichsten und wunderbar treuen Wiedergebung vermag nimmer unser, nach dem Hohen und Urschönen, als den Elementen unserer angestammten Herrlichkeit, mit heiliger Sehnsucht strebendes Gemüth zu befriedigen. Diese Betrachtung erregen unwillkührlich die Gemälde und geätzten Blätter eines der vorzüglichsten Künstler der Niederländischen Schule, des Paul R., die, in so großer Anzahl sie sich fast in allen bedeutenderen Galerien vorfinden, und so ausgezeichnet und wahrhaft einzig im Kolorit, namentlich im Helldunkel die ersten, so bewunderungswürdig sein die letzteren ausgeführt sind, doch sämmtlich der gemeinen Natur entlehnt, alles edleren Ausdrucks entbehren. Feind aller guten Gesellschaft lebte R.[391] theils auf einer Windmühle unsern Leyden, wo er 1606 geboren wurde, theils in Amsterdam, in welcher Stadt er 1674 als reicher Mann starb, und so darf es uns nicht wundern, wenn alle seine Heiligen und Helden ein ziemlich unedles Ansehen haben. Jedenfalls war er ein galanter Ehemann. Zur Darstellung der Madonna diente ihm regelmäßig das wohlgenährte Antlitz seiner Frau, einer Bäuerin aus Rarep.

B.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 391-392.
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