Helvetius, Claude Adrien

[249] Helvetius, Claude Adrien, geb. 1715 in Paris, war 12 Jahre lang Generalpächter, lebte dann als Privatmann in Paris, wo sein Hauptwerk »De l'esprit« 1759 auf Parlamentsbefehl öffentlich verbrannt wurde, gest. 1771.

H. ist ein Vertreter der französischen Aufklärung. Als Philosoph ist er Sensualist und Utilitarist. Alle Vorstellungen entspringen aus der Sinneswahrnehmung. Das Denken (Urteilen) als Vergleichen von Empfindungen ist sinnlichen Ursprungs und erfaßt nur die Relationen der Dinge. Den Impuls zum Denken geben die Gefühle. Der Mensch ist ein hedonistisches Wesen, er strebt nach Lust und nach Vermeidung von Unlust, so daß in diesem Sinne der Egoismus die Quelle alles Handelns ist. Was in der physischen[249] Welt das Bewegungsgesetz, ist in der geistigen Welt das Interesse. Dem sittlichen Handeln liegt aber das »wohlverstandene Interesse« (»intérét bien entendu«) zugrunde, die Verbindung des Eigenwohles mit der Förderung des Gesamtwohles. Die Leidenschaften sind nicht zu unterdrücken, sondern zu regeln und gemeinnützig zu machen. Eine Beschränkung der Arbeitszeit, ein Recht auf Eigentum, Verbreitung von Bildung u. dgl. sind soziale Forderungen.

SCHRIFTEN: De l'esprit. 1758; deutsch 1760. – Le bonheur, 1772. – De l'homme, de ses facultés et de son éducation, 1772; deutsch 1794, 1877. – Le vrai sens du système de la nature, 1774; deutsch 1873. – Les progrès de la raison dans la recherche da vrai, 1775. – Oeuvres complètes, 1776, 1784, 1795, 1818. – Vgl. W. ARND, Das ethische System des H., 1904.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 249-250.
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