Schlacht bei Legnano.

29. Mai 1176.

[361] Nach vergeblichen Friedens-Verhandlungen und Friedens-Hoffnungen erwartete Barbarossa im Frühjahr 1176 Zuzug aus Deutschland, um den Krieg gegen die Mailänder wieder aufzunehmen. Er hatte außer seiner persönlichen Begleitung, mit der er in Pavia, vier Meilen südlich von Mailand, verweilte, ein Söldnerheer unter Christian von Mainz in Italien, das sich an der apulischen Grenze mit den Normannen schlug. Es ist anzunehmen, daß der Kaiser dieses Heer, das noch am 16. März bei Carseoli in der Nähe von Rom einen Sieg davongetragen, für die Entscheidung im Norden heranzog, umsomehr, da Heinrich der Löwe diesmal seine Hilfe versagt hatte, und das deutsche Heer infolgedessen kleiner war als früher. Wo Christian jedoch tatsächlich gestanden hat, als das Nahen der Nordländer gemeldet wurde, ist nicht[361] überliefert; vielleicht war er Pavia schon nahe, vielleicht war er noch fern. Auf jeden Fall hatte der Kaiser die Aufgabe, das deutsche Heer, das auf der Straße über Disentis, Bellinzona und Como direkt nördlich von Mailand heranrückte, mit den südlich stehenden Heeresteilen, zunächst wenigstens mit den Pavesen, zu vereinigen. Hätte das deutsche Heer statt des Luckmanier einen östlichen Paß, etwa gar den Brenner zum Übergang über die Alpen gewählt, so hätte die Vereinigung keine Schwierigkeiten geboten. Es ist nicht überliefert, weshalb der Kaiser das nicht so angeordnet hat, vermutlich deshalb nicht, weil die zuziehenden Fürsten, die Erzbischöfe von Köln und Magdeburg, die Bischöfe von Würzburg, Worms, Münster, Verden, Osnabrück, Hildesheim, Brandenburg, die Grafen von Flandern, von Holland, von Saarbrücken, Herzog Berthold v. Zähringen371 und der Landgraf von Thüringen, alle bis auf drei aus dem westlichen Deutschland kamen und ebenso wie die staufischen Ritter aus Schwaben den Umweg über einen der östlicheren Pässe scheuten. Nun lag der feindliche Hauptort, Mailand, gerade zwischen den zu vereinigenden Korps.

Friedrich beschloß, die Führung der Heranziehenden selbst zu übernehmen, und eilte ihnen, Mailand im Bogen umgehend, nach Como entgegen. Etwa auf demselben Wege gedachte er zurückzukehren und das Heer nach Pavia zu bringen. Die Mailänder aber erkannten, in welche Gefahr sie geraten würden, wenn der Kaiser alle seine Streitkräfte vereinigte. Die Situation hat eine gewisse Ähnlichkeit mit derjenigen vor Carcano, und wieder faßten die Mailänder denselben Entschluß: den Kaiser anzugreifen, ehe er alle seine Streitkräfte beisammen hatte. Sie mahnten die verbündeten Städte zum Zuzug und rückten den Deutschen entgegen, so daß sie ihnen den Weg nach Pavia verlegten.

Es kam zur Schlacht, indem beide Heere im Marsch, etwa drei Meilen nordwestlich von Mailand, bei Legnano auseinanderstießen.[362] Die an der Spitze ziehenden mailändischen Ritter wurden von den Deutschen geworfen und flohen zum Teil an dem ihnen folgenden Fußvolk vorbei. Dies Fußvolk hatte den Marsch aus dem Lager, das man in der Nacht inne gehabt, vielleicht gerade angetreten oder war etwa im Begriff aufzubrechen, als der Sturm der Flüchtigen und der verfolgenden deutschen Ritter heranbrauste. Das Fußvolk aber wurde nicht in die Flucht mit hineingerissen, sondern es gelang, es in einem großen, festen Haufen zusammenzuhalten, der den Deutschen die Schilde entgegenhielt und die Lanzen entgegenstreckte. Auch ein Teil der Ritter, wohl von den Pferden springend, war in dieser Mase. Nach einer Quelle scheint es, als ob das Lager von einem Graben oder Kanal umgeben gewesen wäre, wohl nicht vollständig, aber doch auf mehreren Seiten, so daß die Verteidigung sehr erleichtert war. Auf jeden Fall brach sich die Verfolgung an dem Widerstand der geschlossenen Masse des Fußvolks. Von Schützen, die der Kaiser herangebracht hätte, ist nicht die Rede, sei es, daß er nur sehr wenige hatte, sei es, daß die Bürger von Como, die mit ihm zogen und unter denen jedenfalls Schützen waren, noch zu weit zurück waren.

Während nun die deutschen Ritter sich vergeblich bemühten, in die Masse des mailändischen Fußvolks einzudringen, kamen die flüchtigen mailändischen Ritter wieder zum Stehen, indem sie auf die Ritter von Brescia stießen, die von ihrem weiten Marsche eben erst anlangten, der Bundeshauptstadt zu helfen. Man erkannte, daß die Schlacht noch nicht entschieden war, daß der Kampf bei dem Fußvolk noch tobte, und fand den Entschluß, den bedrängten Brüdern, die, wenn keine Unterstützung kam, doch schließlich unterliegen mußten, zu helfen. Die deutschen Ritter, im Kampf mit dem mailändischen Fußvolk begriffen, sahen sich plötzlich auch von feindlicher Ritterschaft von neuem und in der Flanke angegriffen. Ermutigt durch diesen Anblick mögen auch die mailändischen Fußmänner zur Offensive übergegangen sein. An Zahl waren sie jetzt sicherlich bedeutend überlegen; so wurden die Deutschen, die mit den Comasken zusammen etwa 3000 bis 3500 Mann372 stark gewesen[363] sein mögen, geschlagen; mit Mühe und Not hat sich der Kaiser selbst, man weiß nicht wie, da er eine Zeitlang verschwunden war, nach Pavia gerettet.373


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 361-364.
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